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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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1820, also noch während der Zeit, als die Universität nur den Rang eines
Lyzeums einnahm, errichtet worden.469
Die Unterrichtsreform hatte diese Disziplin jedoch stark aufgewertet.470
Mit der Reform wurden nämlich die Erlernung und die Beschäftigung der
„alten klassischen Sprachen und ihrer Literatur“471 zur Grundlage des Un-
terrichts gemacht, da die beiden klassischen Sprachen jeweils als „Trägerin
der humanistischen Bildung“472 angesehen wurden. Der Lateinunterricht
wurde zwar reduziert, indessen wurde die Zahl der Unterrichtsstunden in
Griechisch deutlich angehoben. Thun selbst sprach sich anlässlich des Philo-
logentages 1858 über die wichtige Rolle der klassischen Philologie aus:
Nächst der Philosophie, dieser Wissenschaft aller Wissenschaften, die aber
ihrer Natur nach doch nur einer verhältnismäßig geringen Zahl von Auser-
wählten zugänglich sein kann, ist vor Allem die Philologie geeignet, die Geis-
ter über das Gemeine zu erheben. Sie ist die Bewahrerin der ältesten Schätze
einer hohen Cultur, sie enthält die Vorbedingungen des Aufschwunges der
Kunst in allen ihren Zweigen, sie liefert der Geschichte, dieser großen Lehr-
meisterin der Menschheit, unentbehrliche Grundlagen, sie bietet jedem die
Schlüssel zu tieferem Verständnis seiner Muttersprache und lehrt ihn, sie er-
folgreich zu gebrauchen.473
Für die Lehre des Faches an der Universität hatte dies zwei Auswirkun-
gen: Einerseits war die Ausbildung wissenschaftlich geschulter Gymnasi-
allehrer erklärtes Ziel geworden, andererseits kamen die Absolventen der
Gymnasien, nachdem sich die Reformen einigermaßen etabliert hatten, mit
besseren Kenntnissen in diesen Fächern an die Universität, sodass auch in
der Lehre ein Qualitätssprung vollzogen werden konnte. Zunächst änderte
sich trotz der hohen Ansprüche wenig, denn aus den Gymnasien konnten
469 Robert mutH, Die Begründung des heutigen Instituts für Klassische Philologie der Uni-
versität Innsbruck im Jahre 1860, in: Robert Muth (Hg.), Acta Philologica Aenipontana,
Innsbruck 1962, S. 12–37, hier S. 13–16.
470 Vgl. dazu besonders bei Herbert H. eggLmaier, Die Bedeutung der Klassischen Philologie
als Leitfach an den philosophischen Fakultäten der österreichischen Universitäten in der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Bericht über den sechzehnten österreichischen Histo-
rikertag in Krems/Donau veranstaltet vom Verband Österreichischer Geschichtsvereine
in der Zeit vom 3. bis zum 7. September, Wien 1985, S. 515–532. Er bezeichnet die beiden
Fächer dort sogar als die Leitfächer der neuen philosophischen Fakultäten.
471 Vgl. Organisationsentwurf § 1–2.
472 Majestätsvortrag, Wien 16.01.1849, MöU, 995/1849, Österreichisches Staatsarchiv, Allge-
meines Verwaltungsarchiv.
473 Leo tHun-HoHenstein, Rede bei der Philologenversammlung, in: Zeitschrift für die Öster-
reichischen Gymnasien 9 (1858), S. 715–717, hier S. 716.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen