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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Nach Abschluss aller Prüfungen hatte er neben seiner Tätigkeit als
Lehrer eigene Forschungen betrieben und ein Elementarlehrbuch für den
Griechischunterricht (1852) und ein griechisches Schulwörterbuch verfasst
(1858). Damit wurde er dem Anforderungsprofil von Thun vollkommen ge-
recht, indem er wissenschaftliche Leistung sowie pädagogische und didakti-
sche Fähigkeiten in seiner Person vereinte.
Die Ankunft von Schenkl hatte dem bereits in Innsbruck lehrenden Ko-
petzky wenig behagt, und wie es scheint, hatte sich zwischen den beiden ein
Zwist entwickelt, der die Zusammenarbeit noch erschwerte. Schon Robert
Muth hat 1967 darauf hingewiesen, dass Kopetzky nach der Ernennung von
Schenkl seine philologischen Übungen535 eingestellt hatte und dahinter ei-
nen Konflikt zwischen den beiden Professoren vermutet.536 Bestätigt wird
Muths Verdacht durch einen Brief von Kopetzky an den im Jahr 1855 zum
Kardinal aufgestiegenen Wiener Erzbischof Joseph Othmar Rauscher aus
dem Jahr 1860.537 Der Brief lässt erahnen, dass Kopetzky sich durch die Er-
nennung des jüngeren Kollegen („aufgeblähten philologischen Bothen aus
der bonitzschen Schule“538) persönlich gekränkt fühlte, zumal dieser „sich
des intimen Schutz des Ministeriums“ erfreute, wohingegen er, „der rechtli-
che Mann, ders mit der Kirche und dem Staate ehrlich meint“539, keine Pro-
tektion genieße. Dieses äußere sich darin, dass Schenkls Studenten andau-
ernd für Stipendien ausgewählt würden und rasch Anstellungen fänden, was
zudem dazu führe, dass diese Studenten es ihm gegenüber an Respekt fehlen
ließen.
Wie der Streit sich weiterentwickelt hat, lässt sich schwerlich beurteilen,
allerdings musste auch Bernhard Jülg540, der Nachfolger von Schenkl, 1864
feststellen, dass Kopetzky wenig zum Erfolg des Seminars beigetragen hatte,
und daher der Eindruck bestünde, als wirke nur ein Professor für klassische
Philologie in Innsbruck.541 Offensichtlich hatte Kopetzky sich zurückgezogen
und überließ gekränkt den jüngeren Kollegen das Feld. Im Jahr 1870 wurde
535 Vgl. dazu mutH, Die Begründung des heutigen Instituts für Klassische Philologie der Uni-
versität Innsbruck im Jahre 1860, S. 16.
536 Vgl. ebenda S. 16.
537 Kopetzky an Rauscher, Innsbruck 30.12.1860, Bischofsakten Rauscher, 1860, Diözesanar-
chiv Wien.
538 Ebenda.
539 Ebenda.
540 Bernhard Jülg (Ringelbach 1825–1886 Innsbruck), 1848–1850 Prof. an Lyzeen in Heidel-
berg, Freiburg und Rastatt, ab 1851 Prof. der klassischen Philologie an der Universität
Lemberg, ab 1853 Prof. an der Universität Krakau, ab 1863 Prof. an der Universität Inns-
bruck.
541 mutH, Die Begründung des heutigen Instituts für Klassische Philologie der Universität
Innsbruck im Jahre 1860, S. 17, FN 7.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen