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6.2. DIE DEBATTE UM DIE GRÜNDUNG EINER KATHOLISCHEN UNIVERSITÄT 339
gewillt, den Jesuiten so weit als möglich entgegenzukommen, er beharrte
aber in gewissen Punkten (Anpassung des Lehrplans, Lehramtsprüfungen
und staatliche Aufsicht durch Schulräte) auf einem Einlenken der Gesell-
schaft Jesu. Damit kam es zu keiner grundsätzlichen Einigung, was die
Jesuiten aber nicht hinderte, Gymnasien in Österreich zu eröffnen (Bsp.
Gymnasium Feldkirch14). Diese besaßen jedoch nicht das Recht, Maturitäts-
zeugnisse auszustellen. Außerdem war Thun im Laufe der Verhandlungen
und auf Wunsch des Kaisers dem Orden hinsichtlich der Lehramtsprüfun-
gen und der Beibehaltung der ratio studiorum entgegengekommen.15
6.2. Die Debatte um die Gründung einer katholischen Universität
Die Wiederzulassung der Jesuiten im Jahr 1851 bildete eine wesentliche Vo-
raussetzung für die Gründung der theologischen Fakultät. Die Einrichtung
derselben muss allerdings auch im Hinblick auf eine allgemeine Debatte zur
Hebung der Bildung in katholischen Kreisen untersucht werden. Diese De-
batte fokussierte sich spätestens seit den 1830er-Jahren in den katholischen
Rheinprovinzen sowie in Baden, Württemberg und Bayern auf die Frage der
Gründung einer katholischen Universität bzw. der Re-Katholisierung der
ehemals katholischen Universitäten.16 Beispielgebend, wenngleich nicht un-
umstritten, war hierfür die 1834/35 eröffnete katholische Universität in Lö-
wen. Die Diskussion kulminierte schließlich 1848 in der Forderung und dem
Plan des katholischen Juristen Joseph Buß17 zur Gründung einer Freien Ka-
tholischen Universität in Deutschland. Buß war es auch, der diesen Plan auf
die Tagesordnung der Würzburger Bischofskonferenz18 im Oktober 1848 ge-
MCU Präs. 458/1857, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv;
Beckx an Thun, Rom 26.06.1858, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D457, Staatli-
ches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
14 Vgl. Bernhard LöcHer, Das österreichische Feldkirch und seine Jesuitenkollegien „St. Ni-
kolaus“ und „Stella Matutina“. Höheres Bildungswesen und Baugeschichte im historischen
Kontext 1649 bis 1979, Frankfurt am Main 2008, S. 131–134.
15 Vgl. auch das Urteil von Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Ho-
henstein, S. 260.
16 Siehe zur ganzen Debatte um die Gründung einer katholischen Universität noch immer
Brandt, Eine katholische Universität in Deutschland?.
17 Joseph Buß (Zell am Harmersbach 1803–1878 Freiburg i.B.), ab 1833 ao. Prof., ab 1836 o.
Prof. für Staatswissenschaft an der Universität Freiburg, 1848/49 Mitglied der Frankfurter
Nationalversammlung, 1848 Präsident des ersten Deutschen Katholikentags.
18 Zu dieser Versammlung zuletzt Hermann-Josef scHeidgen, Der deutsche Katholizismus in
der Revolution von 1848/49. Episkopat – Klerus – Laien – Vereine (= Bonner Beiträge zur
Kirchengeschichte 27) 2008, S. 127–150.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen