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»Was du da sagst, klingt in der Tat recht hübsch«, erwiderte er. »Freilich darf
man nicht vergessen, daß du als Fremder über diese Dinge mehr nur etwas
hast hören als genau erforschen können, was ich mit wenigen Worten
beweisen werde. Und zwar will ich zuerst deine Ausführungen der Reihe
nach durchgehen; sodann will ich zeigen, worin du dich infolge von
Unkenntnis unserer Verhältnisse getäuscht hast; zum Schluß will ich alle
deine Thesen entkräften und widerlegen.
Um also mit dem ersten Teile meines Versprechens zu beginnen, so hast du,
wie mir scheint, … «
»Still!« rief da der Kardinal. »Da du nämlich so anfängst, wirst du, wie mir
scheint, nicht mit einigen wenigen Worten nur antworten wollen. Deshalb soll
dir für den Augenblick die Mühe zu antworten erspart bleiben. Wir wollen dir
jedoch diese Verpflichtung uneingeschränkt für eure nächste Zusammenkunft
aufheben, die ich schon morgen stattfinden lassen möchte, falls ihr, du und
Raphael, nichts anderes vorhaben solltet. Inzwischen aber hätte ich von dir,
mein Raphael, sehr gern gehört, warum du der Ansicht bist, Diebstahl sei
nicht mit dem Tode zu bestrafen, und welche andere Strafe du selbst
vorschlägst, die mehr dem öffentlichen Interesse entspricht; denn dafür, den
Diebstahl einfach zu dulden, bist du doch gewiß auch nicht. Wenn man aber
jetzt sogar trotz der Lebensgefahr das Stehlen nicht läßt, welche Gewalt oder
welche Befürchtung könnte dann die Verbrecher abschrecken, nachdem ihnen
erst einmal ihr Leben gesichert ist? Würden sie es nicht so auffassen, als ob
die Milderung der Strafe sie gewissermaßen durch eine Prämie zum
Verbrechen geradezu ermuntere?«
»Ich bin durchaus der Ansicht, gütiger Vater«, erwiderte ich, »daß es ganz
ungerecht ist, einem Menschen das Leben zu nehmen, weil er Geld gestohlen
hat; denn auch sämtliche Glücksgüter können meiner Meinung nach ein
Menschenleben nicht aufwiegen. Wollte man nun aber sagen, diese Strafe
solle die Rechtsverletzung oder die Übertretung der Gesetze, nicht das
gestohlene Geld aufwiegen, müßte man dann nicht erst recht jenes strengste
Recht als größtes Unrecht bezeichnen? Denn weder darf man Gesetze nach
Art eines Manlius billigen, so daß bei einer Gehorsamsverweigerung auch in
den leichtesten Fällen sofort das Schwert zum Todesstreiche gezückt wird,
noch so stoische Grundsätze, daß man die Vergehen alle als gleich beurteilt
und der Ansicht ist, es sei kein Unterschied, ob einer einen Menschen tötet
oder ihm nur Geld raubt, Vergehen, zwischen denen überhaupt keine
Ähnlichkeit oder Verwandtschaft besteht, wenn Recht und Billigkeit
überhaupt noch etwas gelten. Gott hat es verboten, jemanden zu töten, und
wir töten so leichten Herzens um eines gestohlenen Sümmchens willen?
Sollte es aber jemand so auffassen wollen, als ob jenes göttliche Gebot die
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Buch Utopia"
Utopia
- Titel
- Utopia
- Autor
- Thomas Morus
- Datum
- 1516
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 106
- Schlagwörter
- Utopie, Staat, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik