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Behauptung des Landes keineswegs leichter war als seine Eroberung, daß
vielmehr ohne Unterlaß Auflehnungen im Inneren oder Überfälle auf die
Unterworfenen von außen daraus entstanden, daß sie so dauernd entweder für
oder gegen jene kämpfen mußten, daß sich niemals die Möglichkeit bot, das
Heer zu entlassen, daß sie selber inzwischen ausgebeutet wurden, daß ihr
Geld ins Ausland ging, daß sie ihr Blut für ein wenig Ruhm eines Fremden
vergossen, daß der Friede im Inneren durchaus nicht gesicherter war, daß der
Krieg die Moral verdarb, daß die Raubsucht den Menschen gleichsam in
Fleisch und Blut überging, daß die Rauflust infolge der Metzeleien zunahm
und daß man die Gesetze nicht mehr achtete. Und das alles, weil der König
sein Interesse, das durch die Sorge für zwei Reiche zersplittert wurde, jedem
einzelnen nicht nachdrücklich genug zuwenden konnte. Da nun die Achorier
sahen, diese so schlimmen Zustände würden auf andere Weise kein Ende
nehmen, faßten sie endlich einen Entschluß und ließen ihrem Fürsten in
überaus höflicher Form die Wahl, welches Reich von beiden er behalten
wolle; beide könne er nämlich nicht länger behalten; sie seien ein zu großes
Volk, um von einem ›halbierten‹ König regiert zu werden, wie sich ja auch
niemand gern mit einem anderen seinen Maultiertreiber würde teilen wollen.
So sah sich denn jener brave Fürst gezwungen, sein neues Reich einem seiner
Freunde zu überlassen – der übrigens bald darauf gleichfalls verjagt wurde –
und sich mit dem alten zu begnügen. Ferner würde ich darauf hinweisen, daß
alle diese kriegerischen Versuche, die um des Königs willen so viele Völker
in Unruhe versetzen würden, durch irgendein Mißgeschick schließlich doch
ohne Erfolg enden könnten, nachdem seine Geldmittel erschöpft und sein
Volk ruiniert seien. Ich würde ihm deshalb raten, sein ererbtes Reich nach
Möglichkeit zu pflegen und zu fördern und es zu höchster Blüte zu bringen,
seine Untertanen zu lieben und sich von ihnen lieben zu lassen, mit ihnen
zusammen zu leben, sie mit Milde zu regieren und andere Reiche in Frieden
zu lassen, da ihm ja schon genug und übergenug zugefallen sei. Mit was für
Ohren, meinst du, mein Morus, müßte man da wohl meine Rede aufnehmen?«
»Wahrhaftig, nicht mit sehr geneigten«, erwiderte ich.
»Fahren wir also fort!« sagte er. »Die Ratgeber irgendeines Königs
debattieren und klügeln mit ihm aus, mit welchen Schelmenstreichen sie
Gelder für ihn aufhäufen können. Einer rät dazu, den Geldwert zu erhöhen,
wenn der König selber eine Zahlung zu leisten hat, ihn aber anderseits unter
das rechte Maß zu senken, wenn ihm eine Zahlung zu leisten ist. Auf diese
Weise bezahlt er eine große Schuld mit wenig Geld und erhält für eine kleine
ausstehende Forderung viel. Ein anderer wieder schlägt vor, eine
Kriegsgefahr vorzutäuschen, unter diesem Vorwand Geld aufzubringen und
dann zum geeignet erscheinenden Zeitpunkt Frieden zu schließen, und zwar
unter feierlichen Zeremonien; dadurch solle der breiten Masse des dummen
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Buch Utopia"
Utopia
- Titel
- Utopia
- Autor
- Thomas Morus
- Datum
- 1516
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 106
- Schlagwörter
- Utopie, Staat, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik