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nicht. Mir wenigstens widerstrebt es. Es mag schon sein, daß meine Rede
jenen Leuten vielleicht unwillkommen und lästig ist. Trotzdem aber sehe ich
nicht ein, warum sie ihnen bis zur Unschicklichkeit ungewöhnlich erscheinen
sollte. Wenn ich nun entweder das anführte, was Plato in seinem Staate
fingiert, oder das, was die Utopier in ihrem Staate tun, so könnte das, obgleich
es an sich das Bessere wäre – und das ist es auch wirklich –, doch unpassend
erscheinen, weil es hier Privatbesitz der einzelnen gibt, dort aber alles
gemeinsamer Besitz aller ist.
Wie ist es denn nun aber eigentlich mit meiner Rede? Abgesehen davon,
daß den Leuten, die auf einem anderen Wege kopfüber vorwärtsstürzen
wollen, ein Mann nicht lieb sein kann, der sie zurückruft und auf Gefahren
aufmerksam macht, was enthielt sie denn sonst, das nicht überall gesagt
werden dürfte oder sogar gesagt werden sollte? Müßte man freilich alles als
unerhört und widersinnig beiseite lassen, was verkehrter menschlicher
Anschauung zufolge als seltsam erscheint, dann müßten wir unter den
Christen das meiste von allem geheimhalten, was Christus gelehrt und uns so
streng zu verleugnen verboten hat, daß er uns sogar geboten hat, auch das,
was er seinen Jüngern nur ins Ohr geflüstert hatte, öffentlich auf den Dächern
zu verkünden. Steht doch diese Lehre zum größten Teile weit weniger im
Einklang mit unseren heutigen Sitten als meine Rede, nur daß die Volksredner
in ihrer Schlauheit, wie mir scheint, deinen Rat befolgt haben. Als sie nämlich
sahen, daß die Menschen nur ungern ihr Verhalten der Vorschrift Christi
anpaßten, paßten sie umgekehrt seine Lehre, als wäre sie biegsam wie ein
Richtmaß aus Blei, den herrschenden Sitten an, damit beides einigermaßen
wenigstens in Übereinstimmung miteinander gebracht würde. Ich kann aber
nicht einsehen, welchen Nutzen sie damit gestiftet haben, außer daß die
Bosheit größere Sicherheit genießt, und ich selbst würde in der Tat in dem
Rate eines Fürsten ebensowenig Nutzen stiften. Entweder nämlich würde ich
eine abweichende Meinung äußern – das wäre dann genau so, als wenn ich
gar nichts sagte –, oder eine zustimmende, und damit würde ich zum
Helfershelfer ihres Wahnsinns, wie Micio bei Terenz sagt. Denn was jenen
von dir erwähnten Umweg anlangt, so kann ich nicht einsehen, was für eine
Bewandtnis es damit haben soll. Du meinst, man müsse auf ihm zu erreichen
suchen, daß die Verhältnisse, wenn man sie nun einmal nicht gründlich
bessern kann, wenigstens geschickt behandelt werden und sich, soweit das
geht, möglichst wenig schlecht gestalten. Denn von Vertuschen kann hier
keine Rede sein, und die Augen darf man nicht zudrücken. Die schlechtesten
Ratschläge sollen offen gebilligt und die verderblichsten Verfügungen
unterschrieben werden. Ein Schurke, ja fast ein Hochverräter würde sein, wer
unheilvolle Beschlüsse in arglistiger Weise doch guthieße.
Ferner bietet sich einem gar keine Gelegenheit, sich irgendwie nützlich zu
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Buch Utopia"
Utopia
- Titel
- Utopia
- Autor
- Thomas Morus
- Datum
- 1516
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 106
- Schlagwörter
- Utopie, Staat, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik