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gewesen ist. Ebenso wundern sich die Utopier darüber, daß das Gold, das
seiner Natur nach so unnütz ist, jetzt überall in der Welt so hoch geschätzt
wird, daß der Mensch selbst, durch den und vor allem zu dessen Nutzen es
diesen Wert erlangt hat, viel weniger gilt als das Gold selber, und zwar so viel
weniger, daß irgendein Dämlack, geistlos wie ein Holzklotz und ebenso
schlecht wie dumm, trotzdem eine Menge kluger und braver Diener hat, allein
deshalb, weil er zufällig einen großen Haufen Goldstücke sein eigen nennt.
Wenn nun irgendeine Fügung des Geschicks oder ein Trick der Gesetze, der,
ebenso wie das Schicksal, das Unterste zu oberst kehrt, dieses Gold dem
Herrn des Hauses nimmt und es dem allerschlimmsten Taugenichts seines
Gesindes zukommen läßt, so würde jener ohne Zweifel bald darauf wie ein
Anhängsel und eine Zugabe seiner Münzen unter die Dienerschaft seines
ehemaligen Dieners geraten. Und noch mehr ist man erstaunt, ja geradezu
empört über das unsinnige Gebaren der Leute, die jene Reichen, denen sie
nichts schuldig und denen sie nicht verpflichtet sind, aus keinem anderen
Grunde, als weil sie reich sind, wie Götter anbeten, und zwar auch dann,
wenn sie ihren schmutzigen Geiz zu genau kennen, um nicht mit tödlicher
Sicherheit zu wissen, daß sie bei deren Lebzeiten von dem großen Geldhaufen
auch nicht einen roten Heller bekommen.
Diese und andere derartige Ansichten der Utopier sind das Ergebnis teils
ihrer Erziehung in einem Staate, dessen Einrichtungen von den Torheiten der
geschilderten Art weit entfernt sind, teils ihrer Beschäftigung mit
Wissenschaft und Literatur. Allerdings sind in jeder Stadt nur wenige von den
anderen Arbeiten befreit, um sich ausschließlich der Ausbildung ihres Geistes
zu widmen, nämlich diejenigen, bei denen man von Kind auf hervorragende
Anlagen, ausgezeichnete Begabung und Neigung zu wissenschaftlicher
Beschäftigung beobachtet hat. Trotzdem aber genießen alle Kinder Unterricht,
und ein guter Teil des Volkes, Männer und Frauen, beschäftigt sich das ganze
Leben hindurch in den erwähnten arbeitsfreien Stunden mit den
Wissenschaften.
Der Unterricht wird in der Landessprache erteilt; sie verfügt nämlich über
einen reichen Wortschatz, zeichnet sich durch Wohllaut aus und ist wie keine
andere zur Wiedergabe von Gedanken geeignet. In annähernd derselben Art,
jedoch überall auf verschiedene Weise etwas zu ihrem Nachteil verändert, ist
sie über einen großen Strich jenes Erdteils verbreitet.
Von allen unseren Philosophen, deren Namen in dieser uns bekannten Welt
berühmt sind, war den Utopiern vor unserer Ankunft auch nicht ein einziger,
nicht einmal gerüchtweise, bekannt geworden; und doch haben sie in Musik,
Dialektik, Arithmetik und Geometrie etwa dieselben Entdeckungen gemacht
wie unsere alten Meister. Wenn sie aber auch die Alten beinahe in allem
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Buch Utopia"
Utopia
- Titel
- Utopia
- Autor
- Thomas Morus
- Datum
- 1516
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 106
- Schlagwörter
- Utopie, Staat, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik