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der Utopier verhalten mag, davon bin ich fest überzeugt: nirgends ist das Volk
tüchtiger, und nirgends ist der Staat glücklicher als in Utopien.
Die Utopier sind körperlich gewandt und rüstig; auch besitzen sie mehr
Kräfte, als ihre Statur erwarten läßt; doch ist diese nicht unansehnlich. Der
Boden ist zwar nicht überall fruchtbar und das Klima nicht besonders gesund,
aber sie härten sich gegen die Witterung durch eine mäßige Lebensweise so
sehr ab und verbessern die Beschaffenheit des zu bestellenden Landes mit
solchem Eifer, daß nirgends in der Welt der Ertrag an Feldfrucht und Vieh
reicher ist und nirgends die Menschen langlebiger und widerstandsfähiger
gegen Krankheiten sind. Deshalb kann man in Utopien die Landleute nicht
nur die üblichen Arbeiten verrichten sehen, wie sie die von Natur geringere
Fruchtbarkeit des Bodens durch Kunst und Fleiß steigern, sondern man kann
auch beobachten, wie irgendwo ein Wald vollständig ausgerodet und
anderswo wieder angepflanzt wird. Dabei gibt nicht die Rücksicht auf den
Ertrag, sondern auf den Transport den Ausschlag; das Holz soll sich nämlich
in größerer Nähe des Meeres oder der Flüsse oder der Städte selbst befinden,
weil sein Transport von weither auf dem Landwege beschwerlicher ist als der
des Getreides. Die Utopier sind ein gewandtes, witziges und kunstfertiges
Volk. Es genießt gern seine Muße, besitzt aber auch nötigenfalls genügend
Ausdauer in körperlicher Arbeit. Sonst ist es in der Tat keineswegs
arbeitswütig, doch kennt es keine Ermüdung, wenn es sich um geistige
Interessen handelt.
Als wir den Utopiern von der griechischen Literatur und Wissenschaft
erzählten – über die Lateiner sprachen wir nicht, weil von ihnen, wie wir
meinten, höchstens die Historiker und Dichter ihren lebhaften Beifall finden
würden –, staunten wir, mit welchem Eifer sie darauf bestanden, unter unserer
Anleitung Griechisch gründlich lernen zu dürfen. So begannen wir denn mit
dem Unterricht, anfangs mehr deshalb, um nicht den Anschein zu erwecken,
als wollten wir uns nicht der Mühe unterziehen, als weil wir mit irgendeinem
Erfolg gerechnet hätten. Sobald wir aber ein kleines Stück vorangekommen
waren, ließ uns ihr Fleiß erkennen, daß wir unseren Eifer nicht umsonst
aufwenden würden; denn die Utopier begannen, die Buchstaben so mühelos
nachzuschreiben, die Worte so geläufig auszusprechen, so schnell sich
einzuprägen und so getreu zu wiederholen, daß es uns wie ein Wunder
vorkam. Allerdings gehörten die Leute, die nicht bloß aus freien Stücken und
aus Begeisterung, sondern auch auf Grund einer Verfügung des Senats das
Studium des Griechischen begannen, zu den erlesensten Geistern der
Gebildeten und standen in reifem Alter. Und so hatten sie denn noch vor
Ablauf von drei Jahren in ihrer sprachlichen Ausbildung keine Lücken mehr
und konnten gute Schriftsteller, abgesehen von Schwierigkeiten infolge einer
fehlerhaften Textstelle, ohne Anstoß lesen und verstehen. Wie ich wenigstens
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Buch Utopia"
Utopia
- Titel
- Utopia
- Autor
- Thomas Morus
- Datum
- 1516
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 106
- Schlagwörter
- Utopie, Staat, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik