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essen lassen.«
Wanda lachte herzlich. »Ich dachte, du bist fertig«, sprach sie, »aber es ist
auch so gut. Der Mensch ist zum Leiden geboren und du ganz besonders. Die
Märtyrer haben auch keine Beefsteaks gegessen.«
Ich folgte ihr grollend, in meinen Hunger verbissen.
»Ich habe die Idee, eine Wohnung in der Stadt zu nehmen, aufgegeben«,
fuhr Wanda fort, »man findet schwer ein ganzes Stockwerk, in dem man
abgeschlossen ist und tun kann, was man will. Bei einem so seltsamen,
phantastischen Verhältnisse, wie es das unsere ist, muß alles
zusammenstimmen. Ich werde eine ganze Villa mieten und – nun, warte nur,
du wirst staunen. Ich erlaube dir jetzt, dich satt zu essen und dich dann etwas
in Florenz umzusehen. Vor dem Abend komme ich nicht nach Hause. Wenn
ich dich dann brauche, werde ich dich schon rufen lassen.«
Ich habe den Dom gesehen, den Palazzo vecchio, die Loggia di Lanzi und
bin dann lange am Arno gestanden. Immer wieder ließ ich meinen Blick auf
dem herrlichen, altertümlichen Florenz ruhen, dessen runde Kuppeln und
Türme sich weich in den blauen, wolkenlosen Himmel zeichneten, auf den
prächtigen Brücken, durch deren weite Bogen der schöne, gelbe Fluß seine
lebhaften Wellen trieb, auf den grünen Hügeln, welche, schlanke
Zypressen und weitläufige Gebäude, Paläste oder Klöster tragend, die Stadt
umgeben.
Es ist eine andere Welt, in der wir uns befinden, eine heitere, sinnliche und
lachende. Auch die Landschaft hat nichts von dem Ernst, der Schwermut der
unseren. Da ist weithin, bis zu den letzten weißen Villen, die im hellgrünen
Gebirge zerstreut sind, kein Fleckchen, das die Sonne nicht in das hellste
Licht setzen würde, und die Menschen sind weniger ernst, wie wir, und
mögen weniger denken, sie sehen aber alle aus, wie wenn sie glücklich wären.
Man behauptet auch, daß man im Süden leichter stirbt.
Mir ahnt jetzt, daß es eine Schönheit gibt ohne Stachel und eine
Sinnlichkeit ohne Qual.
Wanda hat eine allerliebste kleine Villa auf einem der reizenden Hügel an
dem linken Ufer des Arno, gegenüber der Cascine, entdeckt und für den
Winter gemietet. Dieselbe liegt in einem hübschen Garten mit reizenden
Laubgängen, Grasplätzen und einer herrlichen Camelienflur. Sie hat nur ein
Stockwerk und ist im italienischen Stile im Viereck erbaut; die eine Front
entlang läuft eine offene Galerie, eine Art Loggia mit Gipsabgüssen antiker
Statuen, von der steinerne Stufen in den Garten hinabführen. Aus der Galerie
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik