Seite - 38 - in Der österreichische Werbefilm - Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
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„EinkinematographischesSammelwerküberdiedeutschenIndustrien,über ihreBe-
deutung, ihre sozialen Einrichtungen und ihre Ausbreitung über die Welt dürfte
nach dreierlei Richtungen hin segensreich wirken. Es könnte die Achtung vor
deutschem Industrie- undGewerbefleiß im In- undAusland erhöhen, Bildung, Be-
lehrung und Anregung vermitteln und der Kinematographie eine neue ehrenvolle
Rolle in unseremKulturleben erringen.“171 Wie sehr diese so früh formulierten In-
halteundZieledes Industrie-undKulturfilms inspäteren JahrennochvonRelevanz
waren, sollten die nachfolgenden Jahrzehnte zeigen.172 1914 ging die Filmkunst
sogar soweit, dieherkömmliche,humoristischeLaufbildreklameals ermüdendund
überholt darzustellen. „Vielmehr als diese belanglosen Zierlichkeiten“ interessiere
„dasPublikumvonheutederschwereErnst,derhinterdemallensteht,dieFabrika-
tion,dasLebeninderFabrik“.173
InderHabsburgermonarchie,wosichderwerbendeFilmerstallmählichentwi-
ckeln und entfalten sollte, war man von derartigen Prognosen weit entfernt.
Vielmehr entdeckteneinzelneBranchenden reklametechnischenWertderKinema-
tographie für sich, so etwa die Mode- und Textilindustrie. Vorbildfunktion hatte
hier im Speziellen Frankreich. Pariser Modebilder zählten zum filmischen Reper-
toire diverser französischer Produktionsfirmen und fanden in ganz Europa An-
klang.174 1912 entschloss sich der Wiener Modeklub, die Neuschöpfungen der
großenWiener Ateliers im Kinematographen vorzuführen. Der bisher gepflogene
Widerstandder führendenModehäuser, die vor allemNachahmungender eigenen
Kreationen gefürchtet hatten,war gebrochen.Die Presse berichtete, dass nun erst-
mals im Koloriersaal des Modeschöpfers Arnold Bachwitz einem Fachpublikum
„unter lebhaften Beifallsäußerungen“ Kostümbilder aus vergangener Zeit sowie
KleiderderaktuellenSaisonperLaufbildpräsentiertwurden.175
Im darauffolgenden Jahr hatten die ersten Wiener Modefirmen bereits Ver-
träge mit der Aktualitätenschau ECLAIR-REVUE abgeschlossen, denen zufolge ein
kolorierter Wiener Modebericht regelmäßig in das Programm aufzunehmen
war.176 Die Vorzüge dieser Form der Bewerbung akzentuierteman ausdrücklich:
„In den plastischen Bildern des Kinematographen kommt der Reiz der neuen
Modefarben schon deshalb besser zur Geltung, weil sie von lebenden Personen
vor unseren Augen getragenwerden. [. . .] Alles in allem ist also der Gesamtein-
druck weit eindringlicher als beim toten Modebild. Schnitt, Fall und Sitz des
171 Filmkunst,„VomReklamebildzurwissenschaftlichenAufnahme“,Nr. 26, 26. Juni 1914,S. 1–2.
172 SiehezudenForderungenanden Industrie(werbe)filmdasKapitel „Belehren– informieren–
werben:ForderungenandasMedium(Industrie-)Werbefilm“.
173 Filmkunst,„VomReklamebildzurwissenschaftlichenAufnahme“,Nr. 25, 19. Juni 1914,S. 1–2.
174 Siehez.B.:ÖsterreichischerKomet,„DiePariserMode“,Nr. 76, 25.September1911,S. 28.
175 ÖsterreichischerKomet,„DieMode imKinematographen“,Nr. 107, 1. Juni 1912,S. 7.
176 ÖsterreichischerKomet,„WienerMode inderEclair-Revue“,Nr. 154,26.April 1913,S.9.
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Titel
- Der österreichische Werbefilm
- Untertitel
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Autor
- Karin Moser
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Culture of memory, media history, advertising
- Kategorie
- Kunst und Kultur