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entsprechendenVerordnungenvorgesehenwar, zu verlangen.4DadieKollegi-
engelder alleine den Lebensunterhalt nicht sichern konnten, waren Privatdo-
zentenmeistens genötigt, aus wirtschaftlichenGründen einenweiteren Beruf
auszuüben. SobeklagtendieWiener Privatdozenten in ihrerDenkschrift 1919
die herrschenden Zustände: »Die unzureichende wirtschaftliche Fundierung
des Dozentenberufes hat viele Privatdozenten genötigt, noch einem zweiten
Beruf nachzugehn [sic]. Beispielsweise ist von den 42 Privatdozenten der ju-
ristischen Fakultät nur 1 ausschließlichDozent, 29 stehn [sic] imöffentlichen
Dienst, 7 betätigen sich in selbständigenUnternehmungen oder in freien Be-
rufen. […]Dadurch ist demDozentenberuf vielfach das Stigma einerNeben-
beschäftigung, eines zwar achtbaren, aber imGrundenur geduldeten Sonder-
sports aufgedrückt, und eswerdenoft unerhörte Zumutungen andieArbeits-
kraft gerade tüchtiger, verwendbarerMännergestellt.«5
DieHabilN1920beschränktesichnichtaufBestimmungenzurHabilitation,
sieregelteauchdiePflichtenundRechtederPrivatdozenten.ZurFörderungdes
akademischenNachwuchses sah dieHabilN 1920 finanzielle Unterstützungen
vor, die aufAntragdesProfessorenkollegiumsbewilligtwerdenkonnten–von
dieserMöglichkeit wurde jedoch in der Praxis wenigGebrauch gemacht.6Ex-
plizit erwähnt wurde auch die Option, sich als Privatdozent für eine vakante
Lehrkanzel zubewerben.Gem.§20HabilN1920konntedasProfessorenkolle-
gium vorschlagen, Privatdozenten, »die durch regelmäßige Ausübung ihrer
Lehrtätigkeit und durch fortgesetzte wissenschaftliche Arbeit erfolgreich ge-
wirkthaben«,7zubesoldetenaußerordentlichenProfessorenzuernennen.War
eine Ernennung zum außerordentlichen Professor nichtmöglich, so sah §20
Abs. 3 legcitdieMöglichkeitderVerleihungdesTitels einesaußerordentlichen
oder ordentlichen Professors vor, um die »Anerkennung ihrer akademischen
Wirksamkeit« zu zeigen – dabei handelte es sich um einen relativ billigen
Ausweg, da der Titel allein keinerlei Rechtemit sich brachte und den Privat-
dozenten weder mehr Mitsprache, noch eine finanzielle Absicherung garan-
tierte.
Weiters regeltedieHabilitationsnorm1920,wanndieLehrbefugnis zumEr-
löschen kam.Neben demVerzicht auf die venia docendi durch denPrivatdo-
zenten,konntediesunterUmständenbeiVerlegungdesWohnsitzes»außerhalb
der Hochschulstadt« oder durch die Nichtausübung der Lehrtätigkeit »durch
4 Vgl. §1 Abs.4 KollegiengeldVO 8.8. 1921 BGBl 445/1921; §1 Abs.4 KollegiengeldVO
4.9. 1925BGBl337/1925; §1Abs.4KollegiengeldVO5.9. 1933BGBl417/1933.
5 Denkschrift der Privatdozenten der Universität Wien an den deutschösterreichischen
Staatsrat,denakademischenSenatunddieFakultätenderWienerUniversität,UAGraz, Jur.
Dek.1918/19, 776ex1918/19,Punkt11.
6 Vgl.Höflechner, BaumeisterdeskünftigenGlücks139.
7 §20Abs.1HabilN1920.
Dienstrecht54
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Titel
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Autoren
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 838
- Kategorie
- Recht und Politik