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gegen die des Herrn Prodekans v. Voltelini angenommen«,30 aus welchen
Gründen Voltelini dem Beschluss nicht beitreten wollte, ist unbekannt. Am
folgendenTag beschloss allerdings das ProfessorenkollegiumderRechts- und
StaatswissenschaftlichenFakultät einstimmig,Ausländer an ihrer Fakultät un-
beschränkt zuzulassen, ihnen jedoch keine Gebührenbefreiungen zuzuerken-
nen.31Die vomAkademischen Senat gefasstenBeschlüssewurdenvomUnter-
staatssekretärfürUnterrichtnurinmodifizierterFormbestätigt,sosollteessich
nurumNotbestimmungen für Studien, die einenArbeitsplatz (bspw. in einem
Labor) benötigten, handeln und auf das Sommersemester 1919 unddasWin-
tersemester 1920 beschränken. Weiters wurden die Bestimmungen dem ver-
fassungsrechtlichenRahmen angepasst, da es nicht anging, »bei den deutsch-
österreichischen Staatsangehörigen grundsätzlich zwei nach Nationalitäten
getrennteGruppenzuunterscheiden«32.
Die antisemitischenPostulatewurdennicht nuruniversitätsintern erhoben,
sondernfandenauchihrenWiderhall inderzeitgenössischenPresse.Sodruckte
dieReichspostam10.Dezember1922aufderTitelseiteeinenArtikeldesRektors
der Universität Wien, Karl Diener, mit dem Titel »Das Memorandum der
deutschenStudentenschaft«.Darinkommentierteer folgendeForderungender
deutschenStudentenschaft, die am27.November 1922 andasRektoratheran-
getragenwordenwaren:
»DerhoheakademischeSenatmögebeschließen:
1. daßnurProfessorendeutscherAbstammungundMuttersprache zuRekto-
ren, Dekanenund sonstigenAmtswaltern der akademischen Behörden ge-
wähltwerdenkönnen;
2. einenNumerus clausus, nachdemnur 10%derGesamtzahl der Lehrenden
jüdischerAbstammungseinkönnen;
3. endlich denNumerus clausus durchzuführen, nach demnur 10%derGe-
samtzahlderStudierenden jüdischerAbstammungseinkönnen.«
Diener begrüßte dieses Memorandum »als geeignete Grundlage für weitere
Verhandlungen«, legte es am7.Dezember 1922 demAkademischen Senat vor
und setze »eine Kommission zur weiteren Beratung der Angelegenheit« ein.
Gleichzeitig stellte er bedauernd fest, dass eineAusgrenzung jüdischer Studie-
30 Protokoll der Sitzungvom6.12. 1918,UAW,Akademischer SenatGZ290 ex1918/19 [ein-
geordnet inGZ268ex1918/19].
31 Beschlüsse des Professorenkollegiums der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät
vom7.12. 1918,UAW,Akademischer SenatGZ290 ex1918/19 [eingeordnet inGZ268 ex
1918/19].
32 SchreibenGlöckelsandasRektoratderUniversitätWienvom7.4.1919,UAW,Akademischer
SenatGZ268ex1918/19.
StudienrechtundStudienbedingungen 109
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Titel
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Autoren
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 838
- Kategorie
- Recht und Politik