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render und Lehrender aus verfassungsrechtlicher Sicht nur im Hinblick auf
Ausländermöglichwäre.
Die vorgebrachten Postulate richteten sich nicht nur gegen Personenmo-
saischen Glaubens, sondern auch gegen die große Gruppe der Konvertiten –
Personen jüdischerHerkunft, die ausdemmosaischenGlauben austratenund
oft zu einer christlichen Konfession konvertierten.33 »Jüdischstämmige« Per-
sonenwurden – unabhängig von ihrer Konfession – als Juden angesehen, es
handelte sich nichtmehr umeinen rein auf die Konfession abzielendenAnti-
judaismussondernumdenrassischmotiviertenAntisemitismus.
DasThemadesnumerusclaususwarbeimzweitendeutschenHochschultag
am 21. Jänner 1923 auch einHauptpunkt der Verhandlungen. In diesemZu-
sammenhang brachte derWiener Rektor Karl Diener »einen Brief des Gene-
ralsekretärs der Akademie derWissenschaften, des Professors Becke zurVer-
lesung, in welchem dieser ausführt, daß energische Arbeit und gegenseitige
UnterstützungderarischenKreisediebesteAbwehrgegendas Judentumist.«34
AuchdieRektorenderWienerHochschulenäußertensichdiesbezüglichineiner
Erklärung,die aufdieZustimmungderDeutschenStudentenschaft stieß:
»Der inderVergangenheitunzweifelhaftbegründetedeutscheCharakterder
HochschulenOesterreichs verpflichtet die an ihnenwirkendeLehrerschaft für
dieErhaltungdeutscherGeisteskulturandiesenPflegestättenderWissenschaft
vorbehaltlos einzutreten. Dieser Verpflichtung nachkommend, werden die
akademischenBehördenbestrebt sein,denCharakterdieserBildungsstätten in
allen ihrerBeschlußfassung vorbehaltenenFragennachbestemErkennenund
Wissenunzweideutig zuwahren.Die Erfüllungder zumTeil auf eineAbände-
rung der Staatsgrundgesetze hinzielenden Verlangen nach einem ›Numerus
clausus‹ istnurinBezugaufAufnahmefremdstaatlicherBewerbergegeben.Das
Maß ihrer tatsächlichenVorbildung wird künftighin für ihre Zulassung oder
Abweisung entscheidend sein, da die Erfüllung der den Hochschulen in der
PflegederWissenschaftzukommendenAufgabejedenabweisbarenZuwachsan
für dasHochschulstudiumUngeeigneten im Interesse einer gedeihlichenUn-
terrichtserteilungausschließt.DieAuslesewirdaufgrundderbisher gewonne-
nen Erfahrungen durch die zuständigen, ihrer Verantwortung voll bewußten,
akademischenBehördengetroffenwerden.«35
DaeineAusgrenzungvonPersonen jüdischerHerkunftmitösterreichischer
StaatsbürgerschaftvondenUniversitätenausverfassungsrechtlicherSichtnicht
möglichwar, versuchteman ihreRechte als Studierende einzuschränken.Dies
geschah durch die Studentenordnung, die in intensiver Zusammenarbeit der
33 Vgl. zuKonvertitenStaudacher, ZwischenEmanzipationundAssimilation.
34 DÖTZvom22.1. 1923,TATS1232.
35 DÖTZvom22.1. 1923,TATS1232.
Allgemeines110
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Titel
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Autoren
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 838
- Kategorie
- Recht und Politik