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GenesedesfürdieStudienanderRechts-undStaatswissenschaftlichenFakultät
besonders relevantenHochschulerziehungsgesetzesgeschildert:
NachAusarbeitung des Gesetzesentwurfs durch den Staatssekretär fürUn-
terricht,HansPernter,wurde inderMinisterratssitzungvom24.Mai 1935der
Beschluss gefasst, den Entwurf des Hochschulerziehungsgesetzes an die vor-
beratenden Organe zu übermitteln. Nach Eingang der Pflichtgutachten des
Staatsrates und des Bundeskulturrates stand in der Ministerratssitzung vom
14. Juni1935diegeänderteFassungzurBeratung.Pernter legtegleichzeitigmit
denGutachteneinenentsprechendabgeändertenGesetzesentwurfvor.Während
der Staatsrat keine Änderungsvorschläge eingebracht hatte, wollte der Bun-
deskulturratunter anderemstatt lediglich »imGeiste vaterländischerGemein-
schaft«dieWendung»imGeisteösterreichischervaterländischerGemeinschaft«
gebraucht sehen, um sich vom nationalsozialistischen Gebrauch desWortes
»Vaterland« abzugrenzen. Weiters beantragte der Bundeskulturrat, dasWort
»Hochschullager« durch »Einrichtung eines Gemeinschaftslebens (Feriallager
u.a.)« zu ersetzen, umnicht alsNachahmung reichsdeutscherVerhältnisse ge-
deutet zuwerden. Pernter schloss sich in seinemVortrag diesenBedenken je-
dochnicht anundplädierte für dieBeibehaltungvon»Hochschullager«, denn
dieseBezeichnungsei »prägnant, einprägsamundhatBeziehungenzurganzen
Ideologie der Jugendbewegung, was vomGesichtspunkte der Popularisierung
derEinrichtungnichtunwichtig ist«.70
Außerdemhatte PernterÄnderungswünsche derWehrverbände in denGe-
setzestext eingearbeitet. Statt der »Leibesübungen« des ursprünglichen Ent-
wurfeshießesnun»vormilitärischeÜbungen«.DieserTerminusbewirktedann
aber nicht nur, dass die Teilnahmeverpflichtung auf männliche Studierende
beschränktwar,sondernPernterstellteimMinisterratauchzurDiskussion,»ob
nicht die Verwendung des Ausdrucks ›vormilitärische Uebungen‹ zu irgend-
welchen aussenpolitischenRekriminationen imHinblicke auf gewisseBestim-
mungen des Friedensvertrages Anlass geben könnte«.71 Justizminister Egon
Berger-Waldenegg antwortete, dass »vom Standpunkt des Friedensvertrages
[…],wennmanesgenaunehme, gegendieVerwendungdesAusdruckes ›vor-
militärischeÜbungen‹ […]gewisse staatspolitischeBedenkenvorliegen [wür-
den]. Praktisch würden sich aber wohl keine Schwierigkeiten ergeben«.72 So
blieb esbeidenvormilitärischenÜbungen.
Schließlichkam–nachPrüfungdurchdenRechtsausschussam25. Juni1935
– die überarbeitete Gesetzesvorlage in der neunten Sitzung des Bundestags
am26. Juni als zweiter Tagesordnungspunkt (nach demHochschulermächti-
70 Pernter,Ministerratsvortrag6 (ÖStAAVA,Gesetze, 24, 1935,Fasz.4766).
71 Ebd.
72 Vgl.Enderle-Burcel, Protokolle 58.
DasHochschulerziehungsgesetz1935 123
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Titel
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Autoren
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 838
- Kategorie
- Recht und Politik