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30 Einleitung
reich bislang nicht erforscht.44 Das liegt wohl zum Teil auch daran, dass die Kriegsop-
ferversorgung in der zentralen Literatur zur Entwicklung des Wohlfahrtsstaats stets
vernachlässigt und nicht als Teil des sozialpolitischen Systems beschrieben wurde. In
diesem Punkt unterscheiden sich – wie das österreichische Beispiel zeigt – die ein-
schlägigen Darstellungen45 nicht von den Arbeiten der Zeitgenossen.46 Wenn der
Ausschluss der Kriegsopferversorgung überhaupt explizit thematisiert wird, so wird er
damit begründet, dass die Versorgung von Kriegsopfern eine vorübergehende
– und in
diesem Sinne nicht den Agenden der allgemeinen Sozialversicherung zuzurechnende
–
Angelegenheit gewesen sei.
Außer in den genannten, jüngeren und einer modernen Historiographie verpflich-
teten Beiträgen wurde die Geschichte der Kriegsopfer im österreichischen Kontext
ganz vereinzelt auch früher schon zum Thema gemacht. Zu nennen sind hier zum
einen eine Dissertation aus den 1950er-Jahren, die aus der Feder des früheren Leiters
der Invalidenentschädigungskommission für Niederösterreich stammt,47 zum anderen
44 Von dem Autor und der Autorin dieser Studie liegen bereits verschiedene Aufsätze vor, zum Teil sind es
Vorabdrucke einzelner Kapitel(teile) dieser Studie ; siehe die Titel im Literaturverzeichnis (Anhang).
45 Kurt Ebert, Die Anfänge der modernen Sozialpolitik in Österreich. Die Taaffesche Sozialgesetzgebung
für die Arbeiter im Rahmen der Gewerbeordnungsreform, Wien 1975 ; Alfred Liebich, Begünstigende
Faktoren und Maßnahmenfolge der staatlichen Sozialpolitik (Deutsch-)Österreichs im Zeitraum No-
vember 1918 bis Juli 1919, Diss. Wien 1977 ; Herbert Hofmeister, Ein Jahrhundert Sozialversicherung
in Österreich, Berlin 1981 ; Emmerich Tálos, Staatliche Sozialpolitik in Österreich. Rekonstruktion und
Analyse, Wien 1981 ; ders., Sozialgesetzgebung im Zeichen politischer Umbrüche. Ein Vergleich der so-
zialpolitischen Entwicklung 1918–1920 und 1933–1938 in Österreich, in : Harald Steindl (Hg.), Wege
zur Arbeitsrechtsgeschichte (= Ius commune : Sonderhefte, Texte und Monographien 20), Frankfurt/M.
1984, S. 415–439 ; Fritz Weber, Hauptprobleme der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Öster-
reichs in der Zwischenkriegszeit, in : Franz Kadrnoska (Hg.), Aufbruch und Untergang. Österreichische
Kultur zwischen 1918 und 1938, Wien-München-Zürich 1981, S. 593–621 ; Josef Weidenholzer, Der
sorgende Staat. Zur Entwicklung der Sozialpolitik von Joseph II. bis Ferdinand Hanusch, Wien u. a.
1985 ; Ernst Bruckmüller, Sozialgeschichte Österreichs, Wien 1985 ; Stourzh/Grandner, Historische
Wurzeln ; Emmerich Tálos/Karl Wörister, Soziale Sicherung im Sozialstaat Österreich : Entwicklung –
Herausforderungen – Strukturen, Baden-Baden 1994.
46 Julius Braunthal, 12. November. Die Sozialpolitik der Republik, Wien 1919 ; Ferdinand Hanusch,
Deutschösterreichs Gewerkschaftskommission, Sozialpolitik in Österreich 1919 bis 1923. Referat des
Abgeordneten Ferdinand Hanusch auf dem Zweiten österreichischen Gewerkschaftskongreß. Mit ei-
nem Anhang über die Entwicklung der Sozialpolitik in Österreich nach dem Kriege von Richard Frän-
kel, Wien 1923 ; Max Lederer, Grundriss des österreichischen Sozialrechtes, Wien 21932. Eine Aus-
nahme ist Ernst Steiner, Die sozialpolitische Gesetzgebung in Oesterreich. Vortrag gehalten im Rahmen
der Vertrauensmännerschule am 18. Mai 1931, in : Korrespondenz-Blatt des Landesverbandes für Wien,
Niederösterr. u. Burgenland der Kriegsinvaliden u. Kriegerhinterbliebenen Österr. Monatliches Informa-
tionsblatt für Funktionäre, 2 (1932) 1a, S. 1–46, hier S. 41.
47 Franz Fahringer, Über die Kriegsbeschädigtenfürsorge. Ihre Anfänge und ihr Werdegang in Österreich,
Diss. Wien 1953.
Die Wundes des Staates
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Wundes des Staates
- Untertitel
- Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
- Autoren
- Verena Pawlowsky
- Harald Wendelin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79598-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918