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Kudlicz an, der D. mit Rath und That
beistand, so daß er schon 1837 debutiren
konnte nnd mit 15 Thalern monatlicher
Gage engagirt wurde. Bald daranf ging
Dawison nach Wilna, wo er zwei
Jahre lang Alles spielte und in dieser
Zeit den Grund zu jener Vielseitigkeit
legte, die er später zu seinem Nachtheil
cultivirte, indem er in jeder Nolle Ein-
zelnes genial, aber keine Nolle vollendet
spielt. Bald bekam er einen Nuf für
erste Fächer auf die polnische Bühne
in Lemberg (1838), wo er zugleich auch als
Oberregisseur fungirte. Ununterbrochen
trieb er sprachliche Studien, und bildete
sich in der deutschen, englischen und fran-
zösischen Sprache aus, deren Dichter er
im Original las. Blieben die Werke
Shakspeare's, Lessings, Goethe's
und Schillers nicht ohne Einfluß auf
sein Darstellungstalent, so waren es
hauptsächlich die Gastspiele Löwe's uud
der Frau Rettich auf der deutschen
Bühne in Lemberg, welche in D. den
Entschluß hervorriefen, zur deutschen
Bühne überzugehen. Tiefen Gedanken
fest im Auge, unternahm nun Dawison
eine Kunstreise nach Frankreich und
Deutfchland.InParis studirte
erBouffe,
Lemaitre, die Rachel, Samson, in
Teutschland die Koryphäen der Bühnen zn
Berlin, Dresden, München, Stuttgart, zu-
letzt uud am längsten in Wien. Von seiner
Kunstreise nach Lemberg zurückgekehrt,
ging er an die Bewältigung des deut-
schen Idioms, das dem Slaven manche
Schwierigkeiten bot, sollte er es als Büh-
nensprache gebrauchen können. Was in
einzelnen Berichten von einem Wahnsinn,
in den er nach dieser seiner Rückkehr ver-
fallen sein soll, gefabelt wird, widerrief D.
selbst in einem Briefe aus Dresden im Juli
1855. Er debutirte auf der deutschen
Bühne in Lemberg, der Erfolg war gün-
stig. Er verließ nun Lemberg und das
polnische Theater (1847), giug nach Breslau, ohne bort cm Gastspiel durch-
zusetzen; sein Aufenthalt in Berlin in
jener Zeit war noch trauriger, denn
Dawison hatte durch einen Fall das
Bein verrenkt und lag 4 Monate im
Krankenhause. Nach seiner Genesung
gab ein Besuch bei Louis Schneider
seinem Geschicke die Wendung. Schnei-
der gab D. einen Brief au den Hambur-
ger Theater- Direetor Maurice und so
kam D. uach Hamburg und dort bleibend
auf die deutsche Bühne. D. spielte den
„alten Studenten" in dem gleichnamigen
Stücke von Maltiz. Der Erfolg war
vollständig. D. wurde nun für 36 Gast-
rollen engagirt und in allen blitzten die
Funken des Genius durch. Publicum und
Kritik waren von der neuen eigenthümli-
chen Erscheinung so berauscht, daß erste-
res wie immer blind in die Beifalls-
trompete stieß, letztere über den genialen
Einzelnheiten die Gesundheit eines ruhi-
gen Urtheils verlor und sich durch eine
uie dagewesene Bewunderungswuth um
alles Ansehen brachte. Einige Zeit noch
blieb D. iu Hamburg., dann folgte er
einer Einladung Holbeins an die
Wiener Hofbühne. Der Erfolg eines
günstigen Gastspiels war das Engagement
am Burgtheater mit sehr hoher Gage
und auf viele Jahre. Als Laube D.'s
Taleut erkannte, ging er aufDawisons
Princip der Menschendarstellung ein, und
bald umschloß D. einen Kreis von Rollen,
wie er bei denDarstellern derNeuzeit zuden
Seltenheiten gehört und— aber in anderer
Richtung — nur bei Maximilian Korn
sich wiederholen dürfte. Auch in Wien gab
es für D. keinen Beifall mehr, nur Be«
wunderuugssieber hielten Publicum und
Kritik gefesselt. Bäuerle's Theaterzei-
tung wagte es, sich — doch nur bis
1857 — von dieser Epidemie frei zu
halten, zollte Anerkennung den Leistun«
gen, war aber nicht blind für die Män-
gel. Im Vommer 1852 gastirt? Dawi«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon