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ungemeffenm Auslagen seines Sohnes
genügen zn können. Graf Albert Jo-
seph kehrte demnach nach Wien zurück,
wo Kaiser Kar l VI. an dem körperlich
und geistig wohlgebildeten Cavalier solches
Wohlgefallen fand, daß er ihn zu seinem
Kammerherrn ernannte und in die engeren
Hofzirkel zog. Graf Albert Joseph,
voll Geist und Phantasie, war alsbald die
Seele der Feste an dem prunk- und poesie-
vollen Kaiserhofe, und da ihn der Vater
mitdenGeldmittelnkurzhielt, verhalfihm
das reiche Erbe seiner verstorbenen Mutter
den großartigen Aufwand bestreiten, den er
trieb. Aber auch diese, wie es schien uw
erschöpfliche Hilfsquelle begann zu ver-
siegen und als Graf Albert Joseph
eben daran war, seinen Vater, den er seit
Jahren nicht gesehen, zu besuchen, um bei
ihm Abhilfe für seinen Geldmangel zu
finden, traf es sich so unglücklich, daß auf
dem Wege zwei Reisekaleschen an einander
stießen, in deren einer ein junger in der
andern ein alter Mann saßen. Die
letztere wurde bei diesem verhängnißvollen
Zusammenstoße umgeworfen und als sich
mit vieler Mühe der alte Mann aus ihr
herausarbeitete, entdeckte der jungeMann,
der Niemand Anderer war als Graf
Albert Joseph, daß er den Wagen
seines eigenen Vaters und mit diesem den
Vater selbst umgeworfen hatte. Das
beiderseits beabsichtigte Wiedersehen löste
sich also in einen unheilvollen Zwiespalt
auf, der viele Jahre dauerte. Da G
Albert Joseph eben noch so viel Caffe
erübrigt hatte, um Reisen zu machen,
unternahm er nun eine solche und dieß'
mal zu seinem Glücke. I n Erlangen hatte
er die reiche Witwe des Markgrafen
Georg vonBaireuth, Sophie, ge»
borneHerzoginvonSachseN'Weissen.
fels, kennen gelernt, die an ihm Gefallen
fand und welche, obwohl sie 22 Jahre Zoditz
älter war als der Graf, auch diesem gefiel.
Ihm zu Liebe entsagte die Fürstin ihrem
Fürstentitel, ihrer Religion und folgte
hm mit ihrem glänzenden Hofstaate nach
Mähren. Die Versuche der Fürstin, eine
Versöhnung zwischen Vater und Sohn zu
Stande zu bringen, blieben lange erfolg-
los, endlich gelang es einer von ihr und
dem Sohne ersonnenen List und der
Beharrlichkeit des Sohnes den Sinn des
Alten zu wenden, der übrigens dieser-
halbm in seinem eigenen Schlosse eine
förmliche Belagerung hatte aushalten
müssen. Aber nachdem die Versöhnung
zu Stande gebracht war, war sie aufrich«
tig und dauernd, und die letzten Jahre des
Vaters wurden durch eine beispiellose
Zärtlichkeit des Sohnes und der Schwie»
gertochter versüßt. Der alte Herr schloß
in Frieden seine Augen. Mit seinem
Tode aber begann auf dem Schlöffe Roß'
wald eine neue Aera. Schloß und
Garten wurden so zu sagen in einen
Feenpallast umgewandelt. Drei Millio«
nm Gulden, eine jedenfalls, und nun
erst für jene Zeit ungeheure Summe,
kosteten die Umgestaltungen des Schlosses
und Parkes. Umwege von vielen Meilen
machten Reisende, um die Wunder von
Roßwald zu schauen und die Poesie,
ja selbst deren königliche Lieblinge,
verschmähten eS nicht das Schloß und
seinen Besitzer zu feiern. Bezüglich
des Details auf die in den Quellen be>
zeichneten Schriften verweisend, führen
wir im Folgenden nur die gedrängteste
Uebersicht aller dieser Herrlichkeiten auf.
Im Parke gab es eine Menge verschie«
dmerParthien, wie solche der baroke Styl
jener Zeit zu schaffen pflegte, eS fanden
sich darin chinesische und amerikanische
Gärten, ein Arkadien, Elyseeische Felder,
Druidenhaine, indische Pagoden, künstliche
Fernsichten, Springbrunnen und Wasser«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Band 9
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hibler-Hysel
- Band
- 9
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1863
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 518
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon