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gebe, welches Programm der Vertreter des
neuen und constitutionellen Oesterreichs in
der deutschen Frage anstrebt. Es ist jetzt
nicht genug, die Wünsche des Hofes und der
Minister zu berücksichtigen, man müsse auch
die Wünsche des Volkes in Erwägung
ziehen."— Die italienische Frage bezeich-
net K. als eine große, schmerzensreiche Erb-
schaft der Verträge vom Jahre 1813. „Es ist
nie einem Staate ein größeres Unglück durch
Machtzuwachs pasfirt, als uns in Italien. Es
war eine scheinbare MaHt. Seit der Zeit,
wo wir diese Macht besessen haben, war unser
Körper wund. in allen großen Fragen muß«
ten wir zittern, daß man uns jene kostbare
„Macht" entreiße und mußten Verschanzun»
gen aufführen, Militarbesatzungen, Interven»
tionen und das ganze Gefolge der despotischen
Troppauer und Laibacher Congreßbeschlüsse
heranziehen sehen, welche ganz Europa gegen
uns aufbrachten, unseren Staatsschatz ver»
minderten, unsere Schulden vermehrten, Alles,
um diese sogenannte Machtstellung in Italien
zu erhalten. Was dadurch geschehen ist, was
die Folge davon war, wissen Sie Alle. Es
war der Vertrag uon Vi l la f ranca und
noch mehr der Vertrag von Zürch. Wenn
je die Diplomatie ihre Impotenz gezeigt hat,
ist es eben in Zürch gewesen. Trauriger hat
nie eine geistige Macht ihre Ohnmacht bewie«
sen, als unsere Diplomatie in dem Vertrage
von Zürch; denn, was heute oon diesem
Vertrage noch aufrecht ist, das ist einzig und
allein unser Festungsuiereck, das Oesterreichs
Voll! vertheidigt mit seinen tapferen 2ühnen,
mit seinem Staatsvcrniogen, mit seinem eini«
gen Willen. Alle cnweren Bestimmungen des
Zürcher Vertrages flattern in den vier Win-
den. Ich glaube, es ist kein Unglück, daß
wir endlich die sogenannte Machtstellung in
Italien verloren haben und daß wir aufge»
hört haben, eine „italienische Macht" zu sein.
Venetien, ich wiederhole es, wollen wir hal-
ten und vertheidigen mit allen Kräften. die
unu zu Gebote stehen; aber wir vertheidigen
es nicht, um eine italienische Großmacht zu
sein, sondern wir vertheidigen es als eine
Vormauer Oesterreichs, alü eine Vormauer in
orientalischen Angelegenheiten, als eine Vor»
mauer Bayerns und Süddeutschlands, dessen
Nächter wir immer bleiben werden, welche
Proteste aus Norddeutschland auch immer
eintreffen mögen. Darauf aber, glaube ich,
sollen wir uns beschränken. Es fällt mir
nicht ein, dem Minister zuzumuthen. daß er die Verträge, die heute noch existiren und als
rechtsgiltige Documente bestehen, hinauswerfe
auf den freien Markt. Das sind Wechsel, die,
wenn auch derjenige, der sie ausgestellt hat,
Banquerotteur daran geworden ist, wenn er
auch seine Unterschrift verleugnet, doch Wechsel
stnd, die am Tage des großen Vergleichsver»
fahrens ausgetauscht werden sollen gegen an«
dere Werthe, Diese Wechsel herausgeben soll
der Herr Minister nickt; aber daß er darauf
bestehen sollte, daß ste nach ihrem ganzen
Wortlaute eingelöst werden, dagegen mußte ich
für meine Person mich aussprechen. Nestau«
rationspolitik in Italien zu treiben, dazu ist die
Zeit nicht angethan." — Noch einer Nede K.'S
muß htergedacht werden, um sozusagen die ganze
Peripherie des politischen Glaubensbekennt»
nisses K,'s zu ziehen, welches das Programm
einer großen Partei im Kaiserstaate in seinen
Hautpunctrn abspiegelt. Es handelte sich nämlich
um Oesterreichs in der äußeren Politik isolirte
Ztrllung und uni die Frage, welche Allianzen
dasselbe schließen solle. Es war in der Sitzung
nom 23. November isl>2. Indem K. verlangt,
daß mindestens Notate über unsere Stellung
Znm Auslande von Seite des auswärtigen
Amtes dem Reichörache vorgelegt werden; in°
dem er ferner meint, daß die Vertheidigungs»
kraft eines Staates nicht bloß in der Kraft
eines schlagfertigen Herres, sondern noch in
einein zweiten Factor bestehe, nämlich in zu<
uerlassigen guten Allianzen, geht er nun diese
Allianzen durch. Vorder aber legt er Oester-
reich an's Herz. die italienische Frage
endl ich zu einem Abschlüsse zu
br ingen, aber nicht mit erneueter Anwen-
düng uon Waffengewalt; dieß soll durch
Unterhandlungen g^scl)el)en i allerdings jedoch
ist deren Gelingen udne das Zusainmenwic«
ken Oesterreichs mit riner der zwei maß-
gebenden Mächte unmöglich. Der Versuch
des Ministers des Auswärtigen, eine rus-
sische Allianz zu M'gotiiren, scheiterte; die
heilige Allianz ist zmn Olücke der Völker und
zum Besten der Negierungen todt. Die russische
Allianz ist zur Zeit keine, die unä nützen
kcum i unsere natürlichste Verbindung liegt in
Deutschland, doch mag rr den traurigen deut»
scken Zwiespalt nickt berühren ; von P leußen
sei 'edenso weni^ >vir uon Nuhland eine llnter«
stützung in der italienischen Frage zu nwarten.
Nun faßt er die Frage in'6 Auge. ob eine Al-
lianz mit England bezüglich der italienischen
Frage einen Erfolg h^ben könn».', Da weiöt
nun K. nach, daß in der itaüenischrn Frage
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Band 13
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Kosarek-Lagkner
- Band
- 13
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1865
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon