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war, gefiel er sich gern darin, die bei dem
damaligen, eben im Erwachen begriffenen
nationalen Leben mit jedem Tage belieb«
ter werdenden und überall erklingenden
südslavischen Volkslieder zu singen und
sich dabei von seinem Freunde Lisinsk^
auf dem Fortepiano begleiten zu lassen.
Diese Singproductionen fanden nur bei
LisinskF Statt, da dieser von seiner
Kindheit her lahm, anfänglich nur auf
zwei Krücken gehen konnte, später jedoch
mit einer zu gehen erlernte und fast
immer zu Hause war. Bei diesen Gesang«
Übungen fungirte 3. als Clavierspieler,
sozusagen als Musikdirector. wie er denn
auch scherzweise so genannt wurde. Da
fügte es sich denn, daß bei Gelegenheit,
als wieder einmal aus Dalmatien oder
sonst woher, ein Patriot des dreieinigen
Königreiches in Agram ankam und von
den Nationalen gefeiert wurde, demsel-
ben auch ein Poet eine Huldigung dar»
brachte. Das Lied des Dichters trug
den Stempel der Sangbarkeit an sich.
St r iga eilte zu 3 isin st)-und dieser
sollte die Musik dazu setzen. Nun aber
hatte 3. bisher kein Lied componirt,
überhaupt noch keine Note gesetzt; jetzt
siel es auf einmal wie Schuppen von
seinen Augen; er componirte das Lied,
studirte es seinen Freunden ein und das
Lied wurde ein Volkslied, das noch heut
im Croatien gesungen wird, es ist das
bekannte: I2 SÄZ-orja 06.^ rast^ra (Üsli^
Hleka.) I^eiiN Fraäa — und3isinsk)''s
erste Composition. So hatte 3., sozu»
sagen unbewußt, den Weg der Com»
Position betreten, und einmal auf diesem
Pfade, verließ er ihn nicht wieder. Als
Autodidact versuchte er seine Kräfte
immer mehr und mehr und componirte
ein Lied nach dem andern, so entstanden
mehrere Liebeslieder, eine reizende Bar«
carole, ein Heldenlied von Blazek u. m. a., die, da sie den nationalen Charakter
an sich trugen, sich bald verbreiteten und
die Runde im ganzen Lande machten.
Indessen, obwohl 3. langst im Lande für
d-en Nationalcomponisten galt, gab er
sich doch selbst damit nicht zufrieden und
es drängte ihn, die Musik wissenschaftlich
zu durchdringen. Jedoch sollte er, ehe er
dieses Ziel erreichte, doch noch ein anderes
Probestück leisten und als Autodidact
eine Oper componiren. I n der That ent-
stand auch in ganz eigenthümlicher Weife
ftezüglich deS Details verweisen wir auf
die in den Quellen genannten größeren
Biographien^ die von Lisins kF- compo«
nirte erste croatiscdeNational-Oper: „^?'u-
öav 2 s?oöa", Liebe und Bosheit, deren an«
fanglicher, kaum brauchbarer Tert später
von Dr. Dimitry Demeter umgearbeitet
und so die Aufführung dieses für die
Geschichte der croatischen Oper so wich«
tigen Tonwerks ermöglicht wurde. Die
Oper wurde von Dilettanten gesungen,
unter denen sich der nachmals unter dem
deutschen Namen Steg er berühmt ge>
wordene Sänger Stazic befand. Der
Erfolg war war ein glänzender, und bei
dem primitiven Zustande der croatischen
Opernmusik erklärt es sich, daß jede der
drei dort heimischen Nationen, Deutsche,
Croaten und Italiener, das Werk sich
aneignen wollte und also der Deutsche
den ganz deutschen Styl, der Italiener
die 1NU510H itaiianÄ und der Südslave
den echt slavischen Charakter derselben
erkannte, wodurch freilich die Oper selbst
zu einer styllosen gemacht wurde, die aber
wenigstens gute Musik hatte. Jedoch
welche Fortschritte 3. auch als Compo-
siteur machte, seine Verhältnisse verbes-
sertm sich ganz und gar nicht, und wohl
hauptsächlich diesem Umstände ist es zuzu«
schreiben, daß er plötzlich Agram verließ
und sich nach Bystritz zurückzog, wo er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Band 15
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Leon-Lomeni
- Band
- 15
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 499
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon