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Behandlung des großen Okulisten Beer
in Wien, der ihn auch der Gefahr entriß,
am schwarzen Staar für immer zu er«
blinden. Während dieser langen Krank«
heitsperiode war sein Drang nach gei-
stiger Beschäftigung, vornehmlich nach
historischer Forschung, lebendig gewor«
den und von da an lebte er fast aus-
schließlich dcr Literatur, und zwar zu
Wien, welchen Aufenthalt er wie viele
seiner Landes- und Standesgenofsen vor-
züglich liebte. I n der Literatur wendete
M. seine Thätigkeit verschiedenen Ge>
bieten zu. Mit Liebe der Poesie zuge-
than, verband er sich mit einem Freunde
Paul Köff inger zur Herausgabe eines
in Colocza aufgefundenen Codex alt»
deutscher Gedichte und blieb längere Zeit
dieser Richtung zugewendet, indem er in
den besseren Zeitschriften jener Tage, wie
in Hocmayr's „Archiv", im Stutt«
garter „Morgenblatt", in der Schickh-,
später Wir th auer'schen „Wiener Zeit-
schuft" und in den Taschenbüchern „Se-
lam", „Aglaja", „Ceres", „Huldigung
der Frauen" u. dgl. in., theils Dichtun-
gen und andere poetische Arbeiten, theils
die dem deutschen Volke noch unbekann-
ten Sagen der Magyaren sammelte und
in deutscher Sprache veröffentlichte, ein
Versuch, der eine so beifällige Aufnahme
fand, daß bald eine zweite bedeutend
vermehrte Auflage nöthig wurde. AuS
dem Gebiete des Märchens und der
Sage fand sich bei dem reiferen Manne
der schon, wie oben erwähnt, durch sein
langwieriges Augenleiden früher vermit«
telte Nebergang zur Geschichte leicht und
bald, und wenn gerade in diesen Arbeiten
die empfindlichsten Schwächen M.'s zu
Tage treten, so ist doch nichtsdestoweni-
ger eben auf diesem Gebiete seine Thätig-
keit die verdienstlichste. Seinen geschicht»
lichen Arbeiten fehlt eine Hauptsache, die historische Kritik, welcher Mangel sich
aber aus seinem, zur Poesie sich hin.
neigenden Gemüthe vollkommen erklärt.
Es gebricht ihnen nicht, weder seiner
ungarischen, noch seiner österreichischen
Geschickte, an fleißigem Quellenstudium,
aber die Quellen, besonders die älteren
der ungarischen Geschichte, erschienen ihm
so ehrwürdig, daß er das Schöne und
Anziehende, aber deßhalb noch immer
nicht Beglaubigte, auch für wahr hielt.
Die neueren Forschungen eines Ipo ly i .
Szalay u. A. haben diese Gebrechen
Majlath's fühlbarer gemacht als sie
es vordem waren. An der späteren Um<
arbeitung der Geschichte Ungarns, welche
nur wenige Jahre vor seinem Tode er-
schien, hat er in dieser Hinsicht vieles
Unhaltbare weggeräumt und was durch
neue Quellen sich anders darstellte, be»
seitigt oder doch geändert, und nun ist
auch diese Geschichte Ungarns eines der
besten Werke, welche über dieses Land
die deutsche Literatur aufzuweisen hat.
Von magyarischer Seite wird ihr bezüg«
lich der politische Tendenz der Vorwurf
gemacht, daß sie eine entschieden öster-
reichische sei, während sich die liberale
Partei mit der ziemlich klar zu Tage
tretenden altconservativen Richtung nicht
befreunden mag. Als unbedeutend und
in Auswahl der historischen Thatsachen
geradezu willkürlich, muß die gedrängte
„Geschichte Oesterreichs" bezeichnet wer»
den, welche er in spateren Jahren, viel-
leicht über Aufforderung eines Buchhand«
lers oder aber durch seine pecuniären
Verhältnisse gedrängt, geschrieben hatte.
Auch sonst noch arbeitete er manches
aus, wie z. B. eine Mnemonik, eine
ungarisch'deutsche Sprachlehre, schrieb
über den animalischen Magnetismus und
über die Religionswirren in Ungarn,
vielleicht sein bestes aber auch am wenig»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon