Seite - 4 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Band 18
Bild der Seite - 4 -
Text der Seite - 4 -
Metaftasio Metaftajw
zu den ersten Sternen der Kunst ihrer
Zeit zählte, sondern auch, was das Herz
betrifft, zu den Seltenen ihres Standes
gehörte. Sie selbst, wie wehe es auch
ihrem Herzen geschah, überredete ihn
zumeist zur Annahme dieses Postens, und
bedeutete ihm, das Glück, das sich ihm
so hold zeigte, nicht von der Hand zu
weisen. So entschied sich denn M., dem
Rathe seiner geliebten Freundin zu fol»
gen, und im Frühjahre 1730 kam M. in
Wien an, welches er nun über ein halbes
Jahrhundert nicht mehr verließ, dabei
aber seiner Heimat im Herzen so treu
blieb, daß er von dem Augenblicke, seit
cr in Wien lebte, alle Jahre nur ein
deutsches Wort erlernte, und sich sein
deutscher Sprachschah seit 1730 bis
1782, in welch letzterem er starb, auf so
viel Wörter, als das Jahr Wochen
zahlt, erstreckte! „Diese Anzahl von Aus-
drücken", pflegte M. mit seinem deutschen
Wörterreichthum prunkend zu sagen,
„genügt doch, mir im Falle der Noth
das Leben zu retten." Sogleich nach
seiner Ankunft in Wien wurde M. dem
Kaiser Kar l in dessen Lustschloß Laxen«
bürg vorgestellt und von ihm mit aus-
gezeichneter Huld aufgenommen. Auf die
Einladung des damaligen Ceremonien-
meisters der apostolischen Nunciatur,
Nicolo de Mart inez ^f. d. Bd. XVII,
S. 2H, bezog Metastasio einige
Zimmer in dessen Hause, in welchem
einige Jahre spater mit ihm zugleich
noch ein anderer durch sein Talent be«
rühmt gewordener Mensch des vergange-
nen Jahrhunderts, Joseph Haydn
sBd. VII I , S. 108). so nahe zusammen
wohnle, daß Einer des Andern Tritte
vernehmen konnte. Metastasio's Schick-
sale am Wiener Hofe waren äußerlich
nicht wechselvoll, wenn sie auch, nach
einzelnen Aeußerungen seiner Biiefe zu schließen, ein reichbewegtes Innenleben
vermuthen lassen. Glänzende Erfolge,
ehrenvolle Anerbietungen, fürstliche Huld
der seltensten Art wechselten mit Ver»
folgungen des Neides, mit Verläumdun-
gen der Mißgunst, daß ein Fremder
solcher Ehren theilhaftig wurde, mit
Kämpfen eines tief empsinMnden Her«
zens. Wie leichtlebig der Dichter sonst
sein mochte, die Stelle eines Briefes an
einen seiner Freunde, welche lautet: „N
poco pauL äi unk povertä. onorat«. ö
a, miei oockio talora. Kon so^ra «HÜ
Li>i6näc»ri dsila, vita", sagt mehr als
Alles. Einige Blicke in Metastasio's
Leben am Wiener Hofe gönnt uns ein
Aufsatz Karajan's, der in der feier»
lichen Sitzung der kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften am 31. Mai 1861
von demselben vorgetragen und im „A l>
manach" derselben Akademie (XI. Jahr»
gang, 1861, S. 83) durch den Druck
veröffentlicht wurde. Wir lernen aus
dieser Darstellung die ganze Huld ken»
nen, mit welcher ihn der Kaiser und die
Kaiserin und die Erzherzoginen behalt»
delten, und keine Veränderung ging
darin vor, als nach Karl 's VI. Tode
seine Tochter den Thron ihrer Väter
bestieg, die, wie sehr auch Sorgen um
den durch Gewalt von Außen und Ränke
eineö beutelüsternen Nachbars erschütter»
ten Thron ihre Seele erfüllten, den
Gedanken, den Dichter an ihrem Hofe
zu behalten, nie hatte fallen gelassen. Wie
materiell günstig im Ganzen seine Stel»
lung auch war, denn er bezog ein Jahr»
gehalt von 3000 st., wozu noch in Folge
kaiserlichen Befehls vom 17. Juli 1731
der Gehalt der Stelle eines Schatz»
meisterS der Provinz Cosenza des König,
reichs Neapel mit 1Ü00 fi. jährlich hin«
zukam, eine Stelle, von der er, ohne sie
persönlich zu versehen, den Gehalt bezog,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon