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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Band 18
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Seite - 17 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Band 18

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Metaftasio Metastasio- Einheit verletzte, den Charakter seiner Helden selbst verflachte und seinem Style Gewalt anthat; auch kann man ihm den zu häusigen Gebrauch der Antithese vorrücken, ein Fehler, welcher indeß den Dichtern seines Volkes im Allgemeinen nur zu eigen ist. Da das lyrische Drama seiner Natur nach fast stets einen glücklichen Ausgang fordert, so hat der Dichter häusig, um dieser Forderung zu genügen oder um ein glänzendes Schlußchor oder Finale herbeizuführen, sich genöthigt gesehen, die tragische Handlung des Ganzen zu unterbrechen und die Consequenz des Charakters seinen Personen aufzuopfern, und es schmerzt in der That, wenn man bedenkt, daß so viele Opfer, welche das wahre Talent dem losen Gesetze einer einmal angenomme« nen Sitte brachte, heutzutage und jetzt schon ganz umsonst und gleichsam ein weggeworfe» nes Gut sind. Denn durch die schnellen und ungeheueren Fortschritte, welche die Musik innerhalb kaum eines Menschenalters gemacht hat und wodurch in dieser Kunst ein ganz anderes System herrschend geworden ist, ist es geschehen, daß man mit Recht mehr Ensembles-Stücke und eigentliche Finales jetzt verlangt, und nicht wie ehedem mit einer bloßen Aneinanderreihung von schönen Arirn sich begnügt, und in sofern hatMctastasio mit dem französischen Operndichter Quin« au lt ein ziemlich gleiches Schicksal betroffen, so daß seine Werke, wie die des Franzosen, jetzt nicht füglich anders mehr in Musik gesetzt werden können, als bis man sie vorher überarbeitet, oder mit dem Kunstausdrucke zu reden, arrangirt hat, welches nebenbei bemerkt, oft schlecht genug geschieht. Dieß Alles ist aber freilich nicht die Schuld des immer großen Dichters, da er den Umschwung, den die Tonkunst nahm. nicht voraussehen konnte. obschon er selbst in dieser Kunst keineswegs ein Laie war und sich selbst schaffend in derselben mit Glück bewegte." — Interessant, ja näherer Würdigung werth sind die Gedanken, welche A. D u p i n in seinem NL22.1 über Metastasio in der „Rsvno äs I>aris" hinwirft. Mögen Einige deren hier Aufnahme finden, weil sie Zeugniß geben, wie der Dichter ursprünglich ist verherrlicht und wie ein paar Iahrzehnde später der einst so Gefeierte vergessen, ja aller seiner literarischen Ehren entkleidet worden. „Die Italiener ausgenommen", be ginnt Dup in , „wie viele Menschen müßte man wohl fragen, bevor ein Einziger die v.Wurzbach, biogr.Lerikon. XVII I . Mdr . Antwort gäbe: Metastasio, ich habe dich gelesen. Was man von ihm weiß, ist, daß Vol ta i re , so schwierig in Geschmacksachen und so besorgt er war für jeden Ruf, der neben dem seinigen sich mehrte, Vo l ta i re , der nicht gerne Nebenbuhler in der Poesie duldete, zwei Scenen von Metastasio in der Art verherrlichte, daß er sie dem Schönsten verglich, was Griechenland gehabt, und daß er erklärte, sie seien Corneille's würdig, wenn er nicht schwülstig, und Racine's, wenn er nicht matt ist." —Jean Jacques seinerseits begeisterte sich für den italienischen Dichter und schrieb glühende Zeilen über ihn, die in Aller Gedächtniß geblieben sind. Der strenge Verfasser der „Soirsen von St. Petersburg", durch einige Verse von Meta» stasio verführt, erklärte dieselben für ,,un» aussprechlich schön". Wir wollen noch erin« nern, daß Meta stasio das Epitheton „Der Göttliche" von Ippolito Pindemonte ge» geben ist und die Worte Pindemonte's haben Gewicht. Ganze Bevölkerungen ström- ten Zu der Vorstellung dieser in unseren Tagen so wenig gekannten Dramen, und Metastasio hatte noch Jahre zu leben, als schon vierzig Ausgaben seiner Werke, in verschiedenen Ländern erschienen, in seiner Vibliothek standen. Ist denn die jetzige Ge. neration ungerecht? Muß Metastasio wirk« lich in denkenden und ernsten Gemüthern Spuren zurücklassen? Findet man in seinen lyrischen Dichtungen Kraft. Wahrheit, Tiefe des Gefühls und originelle und ungekünstelte Schönheit des Ausdruckes? Hat er einige dieser ewigen Typen zu schaffen verstanden, deren bloßer Name genügt, eine ganze Welt von Gefühlen und Ideen hervorzurufen? Sind die großen Figuren seiner Dramen eigenthümliche Erscheinungen, wie die deS Aeschylus, wie die Shakespeare's. Cornei l le 's. Goethe's? Entfernen sie sich allein und schimmernd von gewöhnlichen Wesen? Nein! Metastasio hat nicht den Instinct regelloser und wilder Dreistigkeit; auch starke Begeisterung entspringt selten seiner Brust. Er entpreßt keinen Schrei des Schreckens oder der Liebe, nie bringt er tiefe Rührung hervor. Er ist der Mann von ehrenwerthen Gefühlen, von einförmigen An» sichten, von harmoniereicher und gewählter Sprache, von künstlicher Aufregung; der von dem Ruhme Torquato's, Corneille's und Racine's geblendete Mann, der sich bemüht, ihnen dadurch ähnlich zu werden 2. Sept. 1L67.) 2
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Metastasio-Molitor, Band 18
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Metastasio-Molitor
Band
18
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1868
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
522
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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