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Metternich 33 lletternich
die Geschicke des Bürgerkonigthums
leitete, argumentirte folgendermaßen:
„Wenn Oesterreich in Modena einrückte,
ist der Krieg möglich, rückt es in die
Romagna ein, ist er wahrscheinlich,
marschirt eS auf Piemont zu, ist er
gewiß. Nnter diesen drei Möglichkeiten
nahm der Fürst Metternich keinen
Anstand, es mit zweien zu versuchen, und
ließ zuerst in Modena, dann in der Ro»
magna einrücken; und wahrhaftig, Frank-
reich bemächtigte sich Ancona's, aber
Italien wurde gebändigt und ein Krieg
hatte nicht Statt. Der Fürst hatte für den
ersten Augenblick die beste Wahl getroffen.
Nachdem diese Hindernisse für den Mo«
ment beigelegt waren, wurde die Auf«
merksanikeit des Fürsten nach einer ande-
ren Seite hin kkl Anspruch genommen.
Die Allianz Englands und Frankreichs
machte stündlich Fortschritte; gegenüber
der heiligen Allianz, welche das Banner
des Absolutismus aufgepflanzt, und
welche die Staaten des Ostens und
Nordens bildeten, schien sich im Westen
eine Allianz der constirutionellen Frei»
heit zu organisiren, welche den Interessen
der heiligen Allianz wenig förderlich
werden konnte. Es galt also, das innige
Einvernehmen, daS zwischen England
und Frankreich sich zu bilden schien, zu
beseitigen, und in der That gelang es
dem Fürsten, eS dahin zu bringen, daß
sich England und Rußland, so fern beide
Staaten in ihren Interessen und letzten
Zielen auch sonst gegenüber standen,
einander näherten und daher jene Gefahr
zu beseitigen, welche aus einem Bunde
Englands und Frankreichs für Oesterreich
entstehen mochte. Nach dem Tode des
Kaisers Franz behielt der Fürst seinen
vollen. Einfluß, obgleich eine Schmäle«
rung desselben von einer Seite mit allen
Mitteln versucht wurde. Als der Staats und Conferenzminister Karl Graf Z ichy
starb, erhielt der Fürst Metternich
auch noch den Vorsitz in den Ministerial»
Conferenzen für die inneren Angelegen»
heiten. Mit dem Kaiser Ferdinand
begab sich der Fürst im September 1833
nach Teplitz und nach Prag zur Zusam»
menkunft mit den Monarchen von Preu«
ßen und Rußland. I n den orientalischen
Wirren der Jahre 1840 und 4841 ent«
wickelte er wieder ungemein große Thä»
tigkeit, und bewirkte, um. den Einfluß
Nußlands in dieser Frage nach Kräften
zu schwächen, den Tractat vom 43. Juli
1841, welchem zufolge die freundschaft-
lichen Beziehungen zwischen England und
Frankreich wieder hergestellt wurden. Die
Politik des Fürsten war so immer darauf
hin gerichtet, den status yuo in Europa
nicht zu stören. Diese Ztatus yno-Politik
des Fürsten ließ ihn hauptfächlich zwei
Ziele verfolgen: die Wahrung des Frie-
dens und die Aufrechterhaltung des con-
seroativen Princips. Die Weisheit und
Klugheit des StaatskanzlerS in Be-
kämpfung der sogenannnten anarchischen
und revolutionären Elemente des deut»
schen Staatslebens fand von vielen Sei»
ten große Bewunderung; von einer jedoch,
welche sich aber, wie es den Anschein hat,
allmälig Geltung verschafft, von jener
nämlich, welcher die Freiheit des Denkens
und Glaubens und die freie Gestaltung
des Staatslebens höher steht, als äußere
Ruhe und äußerer Friede, wurde über
die Weisheit des Staatskanzlers rück-
haltlos das Verdammungsurtheil gespro-
chen. DaS System des Fürsten im In»
nern hatte sich überlebt, es wurde von
der Zeit überholt, und gewiß trifft ihn
auch die mindeste Schuld, denn man fchil»
derte ihm alles mit rosigen Farben, und
es ist gewiß, daß der Fürst, wenn er
einen flüchtigen Blick in die inneren
o. Wurzbach, biogr. Lexiton. XVIII. ^Gedr.2. Sept. 1867.)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon