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Metternich Metternich
sich die Dinge so, daß jene einsehen muß»
ten, ich sei für sie der rechte Mann. Wie
von den Staatsmächten, gilt dieß auch
von den Parteien. Durch mein Feststehen,
durch meine stete Gleichmütigkeit habe ich
Vertrauen erworben. Freunde und Feinde
bezeigen es mir im höchsten Grade; die be<
deutendNen Männer aller politischen Parteien
— hören Sie wohl, ich sage al ler —haben
sich mir genähert, mehr oder minder mit
mir angeknüpft, ihre geheimsten Pläne mir
eröffnet, und Keiner hat sich schlecht dabei
befunden. Jedem habe ich das ihm Nöthige
gesagt, Keinen je dem Anderen verrathen;
im Gegentheil! Wie der katholische Beicht»
vater, habe ich in mißlichen Collisionsfällen
stets lieber mich geopfert und oft schwer
dafür gelitten, daß ich das mir bewiesene
Vertrauen geehrt und fremdes Geheimniß
wyhl bewahrt habe. Sie wissen es aber
auch Alle, Freund und Feind, und geben
immerfort neues Zeugniß davon." Nach
einer Weile sagte der Fürst: „Ich habe ciu
Princip und nach diesem handle ich unwan»
delbar. Ein Princip ist aber keine Doctrin,
beide sind im Gegentheile s^ .n- verschieden;
jenes ist in der moralischen Welt, was
in der physischen ein Felsen, fest. unde»
zwinglich, überall sich gleich; eine Doctrin
ist immer willkürlich und in ihrer Folge-
richtigkeit gewaltsam, für den Staatsmann
ein schlechtes Werkzeug. Im Princip darf
der Staatsmann nie wanken, er muß das-
selbe unerschütterlich festhalten, dagegen in
der Anwendung darf er sich tausend Modifi-
cationen gestatten, ja, er muß sie von selbst
aufsuchen und wählen, wenn er seine Sache
und sich nicht freventlich in die Luft sprengen
wiU; der Staatsmann darf keine Stange
Eisen sein, er muß eine Stahlfeder sein, die
sich unter jedem Drucke biegt, ihm aber auch
widerstrebt und gleich wieder, so wie er
aufhört, die frühere Gestalt annimmt." Da-
bei verwahrte er sich stärkstens, kein Mann
des sogenannten '^uäto milieu zu sein, noch
sein zu können. „Wer ein Princip hat", sagte
er, „der muß auf das Aeußerste gehen, nicht
eine Mitte behaupten wollen, die in Wahrheit
keine ist, sondern nur eine scheinbare, ein elen«
des Zusammenhalten widerstrebender Enden."
Fürst Metternich. damals 6l Jahre alt, war,
wie Varnhagen ihn beschreibt, zwar vom
Alter noch nicht gebeugt, aber sehr ernst ge»
macht; die frühere Eleganz und Anmuth war in
strengere Haltung und Würde übergegangen. V. Zur Genealogie des Mrstengeschlechtes der
Metternich. Winnelmrg - Wchseichausen. Die
Metternich sind ein altes rheinisches Dy»
nastengeschlecht, ein Zweig des berühmten
Nittergeschlechtes der von Hemmerich, im
Mittelalter Hemberg, in welchem das Käm«
mereramt der cölnischen Kirche erblich gewor»
den. In diesem zwischen Walldorf und Ros-
berg gelegenen Dorfe befindet sich noch heute
eines der Hauptgüter unter dem Namen die
Erbkämmerei. Erst später, zur Zeit des Chur»
fürsten Lothar — aus dem Hause Metier»
nich — haben sie Eigenthum im Coolen;»
und Trier'schen erworben, wo nachmals der
eigentliche Familiensih sich befand. Die Sage
über den Ursprung des Namens Metier«
nich, welcher zufolge ein angeblicher Metter
zum Lohne für seine Treue oon Kaiser Hein<
iich I I . den Namen und die Winnmburg
bei Cohem, dann Veilstein empfangen haben
soll, ist eine Erfindung der fruchtbaren Phan
tasie des Nomanschreibers Spieß, die von
der „Bayerischen Zeitung" 1864, im Morgen»
blatte Nr. 163 , in einer Folge der daselbst
mitgetheilten Wappensagen, in gedankenloser
Weise nachgeschrieben wird, hier ebenso wenig
weiter in Betracht kommen kann, als, nach«
dem oie Ulchaltbarkeit oirscr Fabel erwiesen,
oaourch Alter. Berühmtheit und Größe dieses
Geschlechtes auch nur iin mindesten geschmä-
lert werden kann. Der Name Metternich
stammt ganz einfach von einem an der Schwist
und an der Straße von Weßling nach Mün»
stereifel gelegenen Dorfe. Uebrigens führen
noch zwei andere Ortschaften im heutigen
Rheinpreußen den Namen Metternich, eine im
Trier'schen, im Kanzleiftyle Rhein-Mettrich,
und eine bei Münster gelegene, Mosel-Mett«
rich genannt. Von den Hem merich's hatte
sich zu Anfang des 14, Iahrhunders ein Zweig
abgesondert, welcher das Stanunwappen, die
drei schwarzen Muscheln im silbernen Felde —
noch heute im Herzschilde der Metternich —
beibehalten und nach oem benachbarten Dorfe
Metternich den Namen angenommen. Im
Jahre 1320 erscheint bereits ein Heinrich
von Mettcrnich in einem das Erzstift und
die Stadt Cöln betreffenden Schiedssprüche
des Grafen Gerhard oon Iül ich. Von einem
Kar l uon Metternich aber, der im Jahre
14dl) Zieoel bei Lessenich erkaufte, wird die
Stammrcihe in ununterbrochener Folge bis
auf den heutigen Tag fortgeführt. Das Ge»
schlecht wuchs machtig an und breitete sich
in vielen Linien und Zweigen aus. Gleich von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon