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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
Seite - 212 -
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Seite - 212 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20

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Neftroy 212 Neftron sie ihre souveräne Macht, sie wurde die stete häßliche Genossin seiner ohnehin nicht schönen Muse, von der Emil Kuh treffend bemerkt, daß sie ihn an das Gemach einer berüchtigten Wiener Aspasia-erinnerte, von der Kuh schreibt: ,man mußte in diesem Salon sich um« gesehen haben, wo alles durcheinander lag: die Möbel mit den Pretiosen, die erstM Cavaliere mit den abge- rissensten DandieS; über dem Flügel lag die Garderobe, kostbare Bildwerke unter dem Trumeaur, reichgalonirte Be» diente trugen Eis und Confect herum, die Göttin selbst, die Haare mit Papillo- ten aus einer Prachtausgabe des Taffo gewickelt, lag mitten im Saale auf einem persischen Teppich, im lüstern derangirten Morgenkleide und verzehrte — warme Würstel". Ja die Zote, von Nestroy eingeführt, bürgerte sich — wenn man so sagen darf, denn richtiger heißt es nistete sich — wie eckles Ungeziefer in allen — ja in allen — Kreisen der Wiener Gesellschaft ein und, was das Schlimmste ist, sie verdarb — das Volk dem sie nun durch die Volsksanger, die in Nestroy ihren obersten Gott erkann- ten — erst tropfen-, dann löffel« und zuletzt eimerweise eingeflößt wurde. Und da zeigt sich wieder die alte Wahrheit deS SaheS: tzuoä. liest <7ovi nou. lioet dovi. Die haarsträubende Demoralifi» rung des Wiener VolkSsängerthumS ist eines der Hauptübel, das Nestroy nicht beabsichtigt, aber leider veranlaßt hat; daS verkommene und nunmehr völlig an> rüchig gewordene Volkssängerthum hatte die immer noch fortschreitende Entsittli« chung eines nicht zu kleinen Theils des einst so biederen, wackeren, gemüthlichen Wiener Kleinbürgers zur Folge, der jetzt nicht drei Sätze über die Lippen bringt, von denen nicht der eine mit einer Zote papricirt wäre. Aber nicht allein in diesen Krei« sen, auch in den besseren, vielleicht selbst in den besten, wirkt diejeS Uebel nach. Einzelne der sarkastischen Sentenzen Ne» stroy's, die er mit einer vitriolscharfen Mimik und einer oft undesinirbaren Atti. tude begleitete, wurden zu „geflügelten Worten" im Munde der Wiener, die der gelehrte Berliner Herr Büchmann in sein Werk nicht aufnehmen konnte, weil er sie — in Fournier's „I'68prit äe3 gntrog" nicht vorfand. Jedes neue Stück Ne stroy'S — und die meisten fallen in die vormärzliche Periode, in welcher man sich noch um Theater wie heute um ein Weltereigniß kümmerte — brachte ein förmliches Nagoul von dergleichen Phra- sen, die alsbald die Schlagworte der da> malS politisch Mißvergnügten, der bla« sirten ^6UQ6L86 äorsßi deren nicht mehr weichen wollende übernächtige Frivolität Nestroy auch auf seinem Gewissen hat, und der Phrynen des Grabens, Salz« grieses u. dgl. m. wurden; ja und Phra« sen wie „DaS is classisch" — „Ich bin der Mann, der für Geld Alles thut" — „Das kennen mer schon" — „Da hab i schon gnua" — „Gott sei Dank, ich Hab'S nicht nöthig" — „Wer'S hat, kann'S thun", und unzählige andere, die an und für sich ganz harmlose Satze find, aber in Begleitung einer bezeichnenden Mimik erst ihre Pointe — die Wespe unter dem Rosenblatte — ahnen lassen, wurden einheimisch auf der Straße, in der Kneipe, im Eaf6 und sei es nur gerade herausgesagt — auch im Salon. Und doch neben all dem Cynismus ist eS nicht zu laugnen. daß in Nestroy eine tiefere Natur, ja ein wirkliches Genie steckte; es war ein urwüchsiger Baum, der komische Blätter und Blüthen trieb, die man frei« lich oft. um sie zu erkennen, abstäuben und säubern mußte. Dem »süßen Pöbel"
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Nabielak-Odelga, Band 20
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Nabielak-Odelga
Band
20
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1869
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
514
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
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