Seite - 281 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
Bild der Seite - 281 -
Text der Seite - 281 -
Neumann 281 Neumann
Briefwechsel mit ihren beiden Freundinen
Conrad und Artner gewahrten in
ihrer traurigen Lage doch einigen Trost.
I n diesen wenig tröstlichen Verhältnissen
nahm sie einige wissenschaftliche Werke,
die sie irgendwo aufgefunden, zur Hand.
Der Buchhandel sandte zu jener Zeit noch
nicht seine in Typen gefesselten Tröstun.
gen und Zerstreuungen in diese von
allem regeren Verkehre abgeschlossene
Gegend, welche Marianne bewohnte.
Durch die Lecture der genannten Werke,
aus denen sie theils Auszüge machte
oder sie wohl auch glossirte, schärfte sie
ihr Nachdenken und reifte ihr Urtheil.
Die Beschäftigung mit der Oekonomie,
die jedoch, da> ihr Mann keinen Sinn
dafür hatte, nur ganz geringfügig war,
bot ihrer Einsamkeit einigen, aber immer
doch nur sehr geringen Ersah. Unter
solchen Verhältnissen gingen fünf Jahre
dahin, als sie nach Wien an das Sterbe,
bett ihres Vaters gerufen wurde. Es war
im Jahre 1790. Auch die Mutter war
auf die erste Nachricht von des Gatten
Krankheit aus dem Kloster zu ihm
zurückgekehrt, ihn bis zum letzten Augen-
blicke auf das Sorgfältigste pflegend. I n
Wien sahMarianne auch die eine ihrer
Freundinen, Dorothea Conrad, die sich
in der Zwischenzeit mit einem Dr. Donner
vermalt hatte. Nach des Vaters Tode
verweilte Marianne einige Monate bei
ihrer Mutter in Wien und beredete end-
lich diese, ihr nach Ungarn auf das Gut
ihres Gemals zu folgen. Indessen war
auch da die längst vorausgesehene Kata»
strophe ihrem Ende nahegerückt. Eger-
vä.ry hatte sich in untilgbare Schulden
verwickelt und verlor sein kleines Besitz,
thum. Die Mutter nahm nun ihre durch
alle diese Leiden auch körperlich hart
mitgenommene Tochter mit sich nach
Wien. vertauschte aber, da ihre geringen, hauptsächlich auf den Bezug ihrer Pen»
sion nach des Gatten Tode beschrankten
Mittel ihr die größere Sparsamkeit
zur Pflicht machten, die Residenz bald
mit ihrem Geburtsstadtchen Oedenburg,
wo sich Mutter und Tochter bleibend
niederließen. So lebten die beiden
Frauen mehrere Jahre in der kleinen
Stadt, in welcher auch ihre beiden, oben
schon erwähnten Freundinen lebten, mit
denen sie nun den lebhaftesten Verkehr
unterhielt. Nach einigen Jahren mußte
Mariannens Mutter aus Gesimdheits«
rücksichten nach Wien zurückkehren und
nun lebte die Tochter abwechselnd bei
ihr und in Ungarn, theils in einer ge.«
achteten, mit ihr befreundeten Familie,
theils bei nahen Verwandten ihres Gat-
ten. Zwölf Jahre nach ihrer Verhei«
rathung, im Jahre 4797, starb Na«
riannenS Gatte Egerväry und zwei
Jahre darnach ihre Mutter. Nur kurze
Zeit stand Marianne allein im Leben,
on im folgenden Jahre, 1800, ver«
malte sie sich zum zweiten Male mit
dem damaligen Major und Seconde»
Wachtmeister der deutschen Garde, Karl
Neumann von Meissenthal, mit
dem sie in einer langen ungetrübten Ehe
lebte. Ein Sohn, daS einzige Kind dieser
glücklichen Ehe, starb schon im zweiten
Jahre. Auch diesen zweiten Gatten, in
dem sie einigermaßen Entschädigung für
eine traurige Vergangenheit gefunden
hatte, verlor Mar ianne durch den
Tod. Nun kehrte sie nach Oedenburg
zurück, wo ihr noch einige Freundinen
aus früheren Tagen lebten und wohin
sie Erinnerungen an ihre Jugendzeit
zogen. Nach einem mehrjährigen Auf-
nthalte daselbst fand sie sich jedoch
bestimmt, nach Wien zurückzukehren, und
hier nun begann, wie Frau Karoline
Pichler schreibt. mitdersichMa rianne
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon