Seite - 78 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - O'Donnel-Perényi, Band 21
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Privilegien der Ferialtage hingeben-, wie
sie ihm noch in Schaaren über Treppen
und Höfe nachdrängen, um noch manch
goldenes Korn seiner reichen Erfcchrun.
gen aufzulesen. Solchem Manne fehlte
es auch weder im Vaterlande noch in
der Fremde an wohlverdienten Ehren.
Die meisten gelehrten Gesellschaften ha-
ben ihn zu ihrem Mitgliede ernannt.
Der König von Schweden verlieh ihm
bei seiner Thronbesteigung den Nord»
stern.Orden. Se. Majestät der Kaiser
im April 1869. am Jahrestage der Ver»
malung Ihrer Majestäten, das Ritter»
kreuz des Leopold-Ordens, ahnliche Aus-
zeichnungen wurden ihm von anderen
Fürsten zu Theil; während seiner Wirk«
samkeit in Leipzig ernannte ihn der König
von Sachsen zum Hofrathe; die Wiener
Hochschule aber erwählte ihn im I . 1861
zum keotor inäFniLouL, bei welcder
Gelegenheit Lehrkörper und Studirende
diesem Helfer der leidenden Menschheit
öffentlich die Beweise der Verehrung
und Liebe, welche sie ihm widmen, gadcn.
Seine angestrengte Thätigkeit als Arzt
und Lehrer gönnte ihm nicht die Muße,
auch schriftstellerisch zu wirken. Außer
der oberwähnten Dissertationsschrift und
einigen Aufsätzen in medicinischen Zeit»
schrifren hat Opvolzer kein größeres
wissenschaftliches Werk geschrieben, wel-
ches das Andenken an ihn in der medi»
cinischen Literatur bewahren könnte und
nur die zahlreichen Schüler, die er gebil-
det, verbreiten seinen Ruf und Ruhm
als Lehrer und Arzt im In- und Aus-
lande. Aber nicht der reiche Schah ärzt»
lichen Wissens, nicht die Fülle der Er»
fahrung allein begründen O.'s Celebri»
tät, sondern und noch vielmehr die
bewunderungswerthe Genialität, der tief.
dringende Scharfsinn, der meist untrüg.
liche praktische Blick, mittelst deren er das Wesen, den Sitz, den Grund wie
das Stadium der Krankheit erkannt, die
Sicherheit in Feststellung der Diagnose,
sowie die zweckgernaße, tactvolle, auf die
richtige Erkenntniß der Natur des Uebels
gegründete, in den meisten Fallen erfolg«
reiche Anwendung einer rationellen Heil'
methode. Diese seltenen, nur wenigen
auserkornen Priestern Aeskul a p's ver»
liehenen Vorzüge gewinnen durc'^ an»
spruchslose Einfachheit und Bescheiden«
heit. durch einnehmende, Trost und Ver-
trauen einflößende Freundlichkeit und
warme Theilnahme an den Pflegebefoh-
lenen — und sei er der ärmste — noch
höheren Werth und eine einfache Um«
frage bei jenen, die auf Oppolzer's
Klinik behandelt worden, die nur-segnend
den Namen dieses Engels der Mensch«
heit aussprechen, wird es erklären, wie
solche Huldigung mit Verehrung einem
einfachen Sterblichen dargebracht wcr-
den könne. Männer der Wissenschaft
aber schreiben von ihm: „Oppolzer
bildet Aerzte, er bildet junge Männer
i zum ersten edlen Lebensberufe. Vor
z Decennien studirte man nur die Krank«
jheit und übersah den Kranken, der
Kleidende Mensch sank zum pathologi .
scheu Objecte herab. Opvolzer
schlug ein neues, der ärztlichen Würde ent»
sprechendes, im Arzte wie im Kranken den
Menschen edelndes Verfahren ein. Der
ärztliche Beruf ist ein höherer als der bloß
anatomische. Die Errungenschaften
der Wissenschaft sollen nicht allein dem
Arzte, sondern auch dem Kranken zu
Gute kommen, nicht bloß unscr Wissen
steigern, sondern auch Linderung,
Hei lung verwerthen Diesen richti«
gen Weg'hat Oppolzec eröffnet. Er
bildet seine Hörer an dem vom Leben,
von der Gesellschaft verworfenen, ausge»
scbiedenen Menschenmaterial, der kranke
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
O'Donnel-Perényi, Band 21
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- O'Donnel-Perényi
- Band
- 21
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 542
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon