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Petrino 122 Petrino
von Franz Hein. Bd. VIII ,
schloß sich P., welcher stets und noch
in neuester Zeit für die weitgreifendste
Autonomie der Kronländer plaidirt, dem
Antrage der separatistisch. ungarischen
Majorität an, und stellte dem Kaiser
staate nicht nur Rußland als Muster
entgegen, welches die historisch«politische
Individualitat Befsarabiens noch immer
achte, sondern sprach sogar die Ansicht
auS: „dem Majoritätsvotum nicht bei
stimmen, heißt ein Feind Oesterreichs
sein" (!!), gegen welche sofort der Tiroler
Reichsrath Dr. Strasser ein feierliches
Veto einlegte. Nachdem der verstärkte
Reichsrath am 29. September 1860 ge<
schloffen worden, kehrte auch P. in seine
Heimat zurück. Im Jahre 1861 wurde
Freiherr P. in Suczawa in den Buko>
winaer Landtag und von diesem in das
Abgeordnetenhaus deS Reichsrathes ge-
wählt. Wie er die ihm durch Annahme die»
seS Mandates auferlegten Pflichten eines
Reichsraths-Abgeordneten erfüllte, gibt
1863, welche im „Fremdenblatt" 1863.
Nr. 180, abgedruckt war, näheren Auf»
schluß. Er schien der öffentlichen Meinung
in dieser Richtung ein Zugeständniß drin-
gen zu wollen, indem er noch vor Ablauf
der ersten Legislaturperiode sein Mandat
niederlegte. Im Jahre 1867 wurde der
Freiherr wieder zum Landtags- und
Reichstags-Abgeordneten gewählt. Im
verstärkten Neichsrathe hatte P. sich als
Gegner jener Partei, die ein großes
centraleS Oesterreich anstrebt, ohne
Vorbehalt, ja sogar mit dem Beifügen
ausgesprochen, daß jeder in dieser Hin-
ficht Andersdenkende ein Feind Oester-
reichs sei; im Verlaufe seiner weiteren
Wirksamkeit zeigte er sich als Anhanger
jener Partei, der auch ein dualistisches
Oesterreich nicht genügt, und die mit oder ohne Bewußtsein der Consequen«
zen auf den Föderativstaat, und zwar
auf einen mit den lockersten Banden,
hinarbeitet. Auch hat des Freiherrn von
P. Verhalten in der letzten Session
(1869/1870), nämlich seine eigenthüm-
liche Motivirung über die Nothwendig»
keit der Verwerfung der directen Neichg.
rathswahlen, zunächst die Katastrophe
herbeigeführt, welche den Rücktritt G i s.
kr a's und nach diesem den Sturz deS
Ministeriums Hasner Wärz und April
1870) zur Folge hatte. Die Partei der
Torung. 068^2) für welche das durch
Freiherrn von Petr ino zunächst erzielte
Ergebniß des Sturzes des Ministeriums
Hasner, Giskra, Herbst ein großer
Sieg war, hat Petr ino dafür auf eine
der vielen Ministerlisten geseht, welche
nach der eingetretenen Katastrophe von
verschiedenen Seiten in Umlauf gebracht
wurden. Es kann auch sehr leicht ge»
schehen, daß Petr ino in daS Cabinet
tritt, jedenfalls wird in Oesterreich man-
ches noch geschehen, bis eS sich ermannt
und in energischer Weise den heillosen
Wirren ein Ende macht, welche seit zwei
Iahrzehnden am LebenSmarke derMonar»
chie zehren.
Verhandlungen des österreichischen verstärk«
ten Reichsrathes 1860. Nach den stenogra«
phischen Berichten (Wien 4860, Manz. 8<>.)
Bd. I, S. 74. 200. 226. 269. 314. 333. 454,
554, 609. 613, 663. 759; Bd. I I , S. 238
u. 39l. — Hahn (Siglmmd), Reicheraths'
Almanach für die Session 1868 (Prag <867.
Satow. vormals Credncr, 8<>.) S. !32. —
Pol i t i k (Prager polit. Blatt), IV. Jahrg.
(1870), Nr. 68: „Drr Antrag Petrino'S". —
Bohemia (Prager polit. und belletr. Blatt,
4".) 136l, Nr. l62. — Aquarel len aus
den beiden Reichsstuben. Von I . I. K. (Wien
1868. R. u. Waldheim. 8".) S. 59; Zweite
Abtheilung (ebd. im näml, Jahre). S. 79. —
Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt)
1870, Nr. 2014. im zweiten Leitartikel: „Cin
politischer Freischärler"; Nr. 20l6: „Corresvon-
denzaus Czernowih"; Nr. 2048. ersterLeitartikel.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon