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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
Seite - 252 -
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Seite - 252 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22

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Pichler 232 Pichler war allerdings der Stoss zu einem Cultur- gemälde im größten Style gegeben, aber es bedürfte einer größeren geistigen Kraft, um diese Gegensätze nicht bloß anschaulich zu machen, sondern auch Zu vertiefen. Karoline Pichler schreibt einen Familienroman zur Er» bauung edler Gemüther, den sie nur zufällig in den Anfang des vierien Jahrhunderts nach Christus verlegt; denn der rein und würdig gehaltene Vciefstyl macht oft einen befremden« den Eindruck, indem die Empfindungsweise der Helden und Heldinen oft so wenig ro» misch, so gouvernanthaft modern ist. Diese Calpumien, Sulpizien, Larissen sind nur als Römerinen verkleidete Freundinen unserer Ka- roline Pichler. die sich einen Maskenscherz machen, aus der Iägcrzeile nach Nom und Kleinasien auswandern und ihre Männer zur Abwechslung Severuö, Demetrius u. s. w. nennen. Ohne Frage sind einzelne Reflexio- nen im „Agathokles" sehr treffend ausgedrückt und auch die romanhafte Technik ist mit Glück gehandhabt, aber das ganze Werk ist doch nur eine erbauliche Vorlesung mit ver- theilten Rollen, ein apologetischer Briefdia» log. keine geschichtliche Theodicee." — Am eingehendsten spricht sich Iul . Se id l ih in seinem „Die Poesie und die Poeten in Oester. reich im Jahre 4836" (Grimma t837. I . M. Gebhardt. 80.) Bd. I , S. 143, über die Dichterin aus: „Unter dem halben oder gan« zen Schocke Schnftstellennen, welche wir in Deutschland haben, ragt Karoline Pichler, eine freundliche und schöne Erscheinung, her« vor. Nicht, daß sie als Dichterin so hoch ge- feiert wäre. obgleich ihr Talent sich weit über das gewöhnliche erhebt, aber was ihrem Wesen diesen so gewinnenden Typus auf» drückt, ist, daß sie nie das Weib verbergen, die Gelehrte hervorziehen will. Sie takettirt nicht so großartig mit Philosophie und Kri« tik. scheint auch Hegel nicht in sich aufge. nommen zu haben, wie die so gepriesene und beinahe kanonisirte Nahel; sie besitzt, wenn auch weniger Gefühl. Schönheitssinn und Energie, doch mehr Weiblichkeit als die Voethe'sche Katze Nettina; ihr fehlen die unappetitliche Zudringlichkeit und die verwit, terten Mondscheinaugen aller schriftstellernden Damen. . . . Zu allen den genannten Classen von Schriftstellerinen gehört die Pichler, Dank ihrer gesunden Vernunft und ihrem geläuterten Geschmacke nicht; aber es ist eine andere Classe, zu welcher sie sich hin. neigt, und welche eben so viel Schaden stif« tet, als alle früher berührten. Ich meine nämlich die lärmende, augenzwickernde Clique, deren Vorposten eine überspannte Sentimen» talität und deren Nachläufer die Mystik ist.- Ihr Roman „Agathokles", so schöne Einzel» heiten er auch hat, macht eben darum keinen ganz erfreulichen Eindruck, wir glauben uns im Halbdunkel einer Kirche zu befinden, wo das Licht durch schmale Fenster und auch da nur durch in Glas gemalte Heilige ein« fällt. Doch darüber dürfen wir mit einem Weibe nicht rechten; was der Wucht des Mannes eine schwanke Sumpfpflanze als Stütze ist. wird dem Weibe zum festen Stab; wo er zweifelt, schlägt sie gläubig ein Kreuz. Dieser Roman begründete den Ruf der Frau uon Pichler. ja er würde auch heute noch Aufsehen machen, aber in ande« rer Art. Damals als Roman, würde er heute als Bekenntniß einer Christin beurtheilt. Einen anderen Weg schlug sie in ihrem Ro< mane „Frcmenwürde" ein. Hier zeigt sich ganz die zartfühlende Menschenkennern, die in den Kreisen der höheren Gesellschaft ein« gebürgerte Dame, und man kann mit Sicher- heit annehmen, daß sie der Funken war, der in Madame SchopHenhaucr das poetische Feuer entzündete. Wieder uon einer neuen und keineswegs unvorteilhafteren Seite zeigt sie sich in ihren historischen Romanen, nur fehlt ihr hier die männliche Festigkeit, um welthistorische Ereignisse mit eisernem Griffel hinzuwerfen. Hier ist sir aus zu weichem Stoffe geschnitzt. Die ernste Zeit will keine Dame im Ballkleide, sondern ein marmornes Gesicht, ein Auge. das vor dem vorbcischie« ßenden Blitze nicht zuckt. Si? steht als ein Mittelding zwischen Scott'scher Malerei und Velde'6 hinreißender Phantasie, zu beiden sich hinneigend, keinen ganz gebend. Zu Scot t fehlt ihr das Talent, gewaltige Cha- raktere festzuhalten, zu Velde ist sie zu sehr Dame, um sich nicht im Ausmalen von Klei» nigkeiten zu gefallen. Und doch waren es diese Romane und vorzüglich „Die Belagerung Wiens" und „Die Schweden in Prag", welche durch eine ziemliche Reihe von Jahren den Antheil des Pudlicums gefesselt und der Verfasserin einen Ruf gesichert haben. Besser als die größeren Arbeiten würden mir aber einige ihrer kleinen Erzählungen und unter diesen „Der schwarze Fritz" und „Olivier" gefallen, weil sich in ihnen ein mehr abge< schlossener Geist ausspricht und im kleinen Bilde alle Züge Zu einem harmonischen Gan»
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Pergen-Podhradszky, Band 22
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Pergen-Podhradszky
Band
22
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1870
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
534
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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