Seite - 297 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Pergen-Podhradszky, Band 22
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Pillersdorf 297 Pillersdorf
wenige Wochen vor seinem Tode durch
die Vermittlung des Minister.Präsidenten
Erzherzogs Rainer zugegangene Eröff«
nung, welche ihn in die vor zwölf Iah
ren ihm entzogenen Ehrenrechte und
Würden wieder einsetzte, war nicht mehr
im Stande den sinkenden Lebensmuth
zu kräftigen. Er fühlte sein Ende heran>
nahen und sah mit bewunderungswürdig
ger Seelenruhe seiner Auflösung entgegen,
für die er alles vorbereitet hatte. Froh
und feierlich trat der tiefreligiöse Greis
den großen, alles entscheidenden Gang
an, und sein letztes Nort war ein Ab-
schiedsgruß an seine Collgen im Abge»
ordnetenhause. Das älteste Mitglied des
Hauses, der Abgeordnete Wieser hielt
in der Sitzung vom 25. Februar dem
Verstorbenen die Leichenrede. Aus der
oberwahnten Schrift Pi l lerSd orf'S
zog er eine Stelle an, in welcher den
damaligen Machthabern der Rath er«
theilt wurde, die unwiderstehlich mächti»
gen Ideen der Zeit zu beachten und von
der Gewalt einen mäßigen Gebrauch zu
machen. „Waren diese Worte", sagte
Wieser, „damals nicht ungchört ver-
klungen. so würden wir jetzt eine andere
Zukunft erleben, als wir sie vor uns
haben." Man hat nach dem Tode Pil<
lersdorf 's die Ansicht geltend zu ma>
chen gesucht, daß ihm seine Orden, und
Titel niemals genommen, und ferner,
daß ihm dieselben über Antrag des
Staatsminifters Ritter von Schmer«
l in g wieder zurückgegeben wurden. Bei-
des ist unrichtig. DaS „Staatshandbuch",
das im Auftrage des Ministers Bach
neu bearbeitet und mit 30. April 1836
geschloffen wurde, führtPil lerSd orf's
Namen weder unter den Commandeuren
des St. Stephan.Ordens. noch unter
den k. k. wirklichen geheimen Rathen auf.
Er war also einfach aus der Reihe dieser Würdenträger gestrichen. Staatsminifter
Ritter von Schmerl ing aber veröffent.
lichte im November 1862 in der „Oester.
reichifchenZeitung" bezüglich des ihm zu-
geschriebenen Verdienstes: Pi l lersdorf
seine Ehren und Titel wieder gegeben zu
haben, folgende Zeilen: „diese Angabe
ist unwahr. Se. Majestät haben sich be«
stimmt gefunden, dem verstorbenen Frei«
Herrn von Pi l lersdor f seine Auszeich-
nungen wieder zu verleihen, ohne daß
ich je einen dahin gehenden Antrag unter»
breitet hätte, und der Act kaiserlicher
Huld hat mich ebenso freudig überrascht,
als es bei dem Verstorbenen der Fall
gewesen sein wird." Bezeichnender Weise
war ihm von seinen Ehren und Winden
jene eines Ehrenmitgl iedes der kai»
serlichen Akademie der Wissenschaften
auch dann geblieben, als er der anderen
verlustig geworden. I n der feierlichen
Iahressitzung vom 30. Mai 1862 ehrte
auch der General»Secretar der Akademie,
Dr. Anton Schrott er, mit hochsinni»
gen Worten edlen Freimuthes, welche
damals nicht geringes Aufsehen erregten,
den Verblichenen. „Die Geschichte, rief
Schrott er, hat ohne Zweifel wenige
Staatsmänner aufzuweisen, über die sich
in Mitte der großartigsten und stürmische,
sten Ereignisse noch bei ihrem 3eben ein
so einstimmiges Urtheil festgestellt hat,
wie über P., ein Urtheil, das ihm unbe»
dingt sowohl wegen feines Charakters
und seiner Talente als auch wegen seiner
erleuchteten politischen Grundsätze eine
der hervorragendsten Stellen unter seinen -
Zeitgenossen anweist. Von den maßge-
benden Staatsmännern der früheren
Periode, als von den Ideen der Neuzeit
angesteckt, mit scheelen Blicken betrachtet,
durch die Marzbewegung schnell zur
höchsten Stufe emporgehoben und auf
dieser erhalten, so lange sie rein und frei
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Band 22
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Pergen-Podhradszky
- Band
- 22
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 534
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon