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ließ ihn Alles ertragen. Den Tag über
erlernte er die deutsche Sprache und
was er sonst für sein Fortkommen nöthig
erachtete; Nachts schrieb er für seine
Landsleute ungarische Aufsätze um Geld
ab, womit er sich kümmerlich genug er-
nährte. Als er mit der deutschen Sprache
hinlänglich vertraut war, bewarb er sich
um eine Stelle in einer Apotheke und
wurde als Pharmaceut aufgenommen.
Zugleich setzte er seine pharmaceutischen
Studien an der Wiener Hochschule fort
und wurde im Jahre 4814 Magister der
Pharmacie. Im nämlichen Jahre ver-
malte er sick mit einer Baronesse von
Langen, welche ihm nach dem bald
darauf erfolgten Tode ihrer Mutter,
einer gebornen Gräfin V e l l a s c o ,
einiges Vermögen mitbrachte, das er
zum Ankaufe einer Apotheke in Ungarn
verwenden wollte. Nährend er zu diesem
Behufe eine Neise nach Ungarn unter«
nahm, kam er um seine ganze Habe. Er
' hatte dieselbe einigen Geschäftsleuten
anvertraut, die er, als er nach Wien
zurückgekehrt, nicht mehr vorfand. Die
Lage für das junge, all' ihres Vermögens
beraubte Ehepaar war eine sehr mißliche,
aber R. verlor den Muth nicht, bewarb
sich um eine Anstellung in der k. k. Feld«
apotheke, die er auch erhielt. I n seinem
Dienste machte er mit seiner Frau im
Jahre 18l5 den Feldzug nach Frank-
reich mit, aber nach Beendigung der
Campagne wurde er als überzählig sei»
nes Dienstes enthoben und stand nun-
brotlos da. In dieser bedrängten Lage
fand er bei dem Apotheker, der ihn
zuerst aufgenommen, wieder eine Stelle,
und daselbst war er mehrere Jahre thä-
tig, beschäftigte sich aber in den freien
Stunt^n vielfach mit Chlorproducten
und anderen chemischen Präparaten,
unter denen insbesondere dieBerthol» let'sche Erfindung eines Chlorzünd»
zenges seine Aufmerksamkeit vor allen
anderen in Anspruch nahm. Die ur»
sprüngliche Erfindung war im Ganzen
ihrer Gefährlichkeit wegen unpraktisch»
ihr diese zu benehmen, darauf zunächst
war R.'s Aufmerksamkeit gerichtet, und
eS gelang ihm dadurch, daß er die dabei
verwendete Schwefelsäure mit Asbest
verband. Seine so verbesserten Feuer»
zeuge fanden eine günstige Aufnahme im
Publicum. und im Jahre 1822 befand
sick R- bereits in der Lage, eine selbst-
ständige Werkstätte zur Erzeugung der»
selben zu errichten. R. gab nun sein
pharmaceutisches Geschäft ganz auf und-
widmete sich ausschließlich der Erzeugung
seiner Zündapparate, anfänglich in ganz
kleinem Maßstabe und nur von seiner
Frau unterstützt — er hatte sick, da seine
erste Frau gestorben, zum zweiten Male
verheirathet — allein, bis er bei gestei«
gertem Absätze mehrere Arbeiter halten
konnte. Die sinnreiche E>findung fand
durch ihre große Wohlfeilheit immer
mehr und mehr Anklang, R6mer's-
Geschäft steigerte sich von Jahr zu Jahr,
seine Mittel vermehrten sich mit dem
zunehmenden Absätze, er errichtete nun
eine landesprivilegirte Fabrik, beschäftigte
bald täglich über 200 Arbeiter und hatte
Versendungen nach allen Theilen der
Welt auszuführen. Er machte immer
neue Verbesserungen, darunter die der
PrioSphorfrictions > Feuerzeuge. welche
ihrer Einfachheit und Bequemlichkeit
wegen die günstigste Aufnahme fanden.
Bei der Gewerbe-Ausstellung in Wien
im Jahre 1833 wurde R. für pyrotech-
nische Gegenstände mit der silbernen
.Medaille ausgezeichnet. Neben diesen
industriellen Unternehmungen, in denen
er, wenn er nicht unerwartet schnell ge-
storben wäre — durch emen Sturz von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Band 26
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Rhedey-Rosenauer
- Band
- 26
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 436
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon