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dort nach St. Petersburg gesendet. Bei
dieser Gelegenheit erhielt der Graf das
Großkreuz deS St. StephawOrdens.
Die Bemühungen des Grafen, den russi-
schen Hof für eine Politik zu gewinnen,
welche spater den Continent vor den
Anmaßungen Frankreichs rettete, waren
vergebens. Die Intriguen und Interes«
sen. welche dagegen eiferten, waren zu
mächtig, um bewältigt zu werden. Frank-
reich und Rußland gingen Hand in Hand,
da eS galt, die Macht deS deutschen
Reiches zu brechen. Der Graf wurde
nun 1803 von seinem Posten abberufen
und ihm die im Hinblicke auf die bisher
bekleideten Posten unbedeutende Stelle
eines Landmarschalls der österreichischen
Stände übertragen, welche er bis 1806
bekleidete, worauf er nach der unglück«
lichen Wendung des Krieges im Jahre
1808 zum Hoftommifsär in Steiermark
ernannt wurde. Dort organisirte er im
Vereine mit Erzherzog Johann die
innerösterreichische Landwehr, welche in
jenen Tagen der Gefahr so treffliche
Dienste geleistet. Im Jahre 1809 folgte
er der Armee eben dieses Fürsten nach
Italien und auf ihrem Rückzüge nach
Ungarn und wurde darauf 1810 zum
Chef der Regierung in Wien mit dem
Titel Statthalter und der Beigabe des
noch übrigen Theiles von Oberösterreich
ernannt.? Auf diesem Posten machte er
sich im Jahre 1813 um die Rüstungen
zum Befreiungskriege sehr verdient. I n
den nun folgenden Jahren. erhielt S.
nun zunächst die Aufgabe der Organisa,
tion der illyrischen Provinzen, ging dann
als Hofcommisfär zuBianchi 's Armee,
welcke Murat aus Neapel trieb, war in
den Legationen, in Parma, beim römi«
schen Stuhle thätig und wurde im Jahre
1813 Gouverneur von der Lombardie,
einer der schwierigsten Posten in der dama« ligen Periode allgemeiner Enttäuschung,
Ermattung und tiefster Niedergeschlagen«
heit über die unerwartete Wendung der
Dinge. Im Jahre 1817 ging der Graf
als Botschafter nach Madrid, was nur
eine Uebergangsetappe zu dem nachfol«
genden wichtigsten Amte eines obersten
Kanzlers war, welches er übernahm,
nachdem Graf W all iS von den Finan»
zen entfernt worden und GrafUgarte
zu Grah, wohin er dm Kaiser, als dieser
von der Bereisung seiner Staaten zurück«
kehrte, begleitet hatte, im November
1817 starb. BiS zum Jahre 1831 blieb
der Graf auf diesem Posten, nackdem er
1828 den Orden deS goldenen VließcS
erhalten und im Jahre 1830 sein fünfzig,
jähriges DiensteSjubiläum gefeiert hatte,
bei welcher Gelegenheit ihm der Kaiser
daS Großkreuz des St. Stephan«OrdenS
in Brillanten verlieh. Bald darauf wurde
er in Rückstckt seines hohen Alters —
der Graf zählle damals 70 Jahre —
und mit Anerkennung seiner vieljährigen
und ausgezeichneten Dienste von der Lei«
tung seines Ministeriums enthoben und
als Botschafter nnch Florenz gesendet,
wo er schon im folgenden Jahre starb.
Einer seiner Biographen schildert den
Grafen, von dem es einige Zeit hieß, er
sei bei seinem Monarchen in volle Un«
gnade gefallen, mit folgenden Worten:
Graf Saurau war ein Mann von hel«
lem Verstande, uneigennützig, von großer
Ehrfurcht für Wissenschaft und Kunst,
ein Verächter des Kastengeistes und der
Standesoorurtheile, ein offener Feind
des fanatischen PfaffenthumS. auch. als
es wieder Mode und ein Mittel wurde,
sowohl emporzukommen, als sich zu er«
halten. Wiewohl durchaus unpoetisch,
war er doch in den römischen Klassikern
zu Hause, wie kein anderer Zeitgenosse,
blieb aber zugleich der Literatur keines
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Band 28
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Saal-Sawiczewski
- Band
- 28
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1874
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 414
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon