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hindler Schindler
tar derselben Gesellschaft in Wien. I n
dieser Stellung traf ihn das Jahr 4860.
Der politische Umschwung, den Oesterreich.
daS unter der überstandenen ReactionS»
Periode um zehn Jahre seiner Entwicke»
lung zurückgedrängt und durch daS G o>
1 uchowsk i'sche Octoberdiplom unseligen
Andenkens für immer in seiner Gesammt«
exiftenz bedroht worden, im genannten
Jahre erfuhr, fand begreiflicherweise auch
in S. einen begeisterten Vertreter; er
trat nun als Candidat für die Landtags»
wählen auf und wurde am 2l). März 4861
vom Bezirke Neubau in Wien in den
Landtag und von dem letzteren als Ver»
treter der Stadt Wien in den ReichSrath
entsendet. Jetzt als Mitglied des Reichs«
rathes gelang es ihm auch im April 4862.
daS ihm bis dahin oft verweigerte Nota»
rillt zu erlangen. Seine Thätigkeit im
Landtage und im Reichsrathe ausführlich
zu schildern, entzieht sich der Aufgabe
dieses Lexikons. Die stenographischen
Protokolle dieser beiden politischen
Körper können zur Genüge darüber
Ausschluß geben. Wahrend seiner zehn»
jahrigen Wirksamkeit als Volksvertreter
blieb Schindler der Löwe des Tages.
Seine Reden zahlen zu den glänzendsten,
welche je im halbhölzernen Parlaments«
hause vor dem Schottenthore ^vergl.
unten in den QueUen S. 49 S.'s Cha«
rakteristik als Parlamentsredner) gehört
wurden. Seine mannigfaltigen Erfah-
rungen in verschiedenen Lebensstellungen
haben ihm Einblick in die Verhältnisse
aller Stände und aller Stämme verschafft;
er konnt sein—nicht engeres, sondern als
Großösterreicher— großes Vaterland und
spricht in wärmster Weise für dessen Fort.
schritt und Entwickelung. I n allen Fragen
von einiger Bedeutung stand S. immer
im Feldlager der Liberalen, und sein voll«
endetes Rednertalent hat in wichtigen Fällen nicht selten den Allsschlag gegeben.
Ueber seine Stellung im Parlamente und
jene Wirksamkeit, über welche der Natur
der Sache nach wenig nach außen be»
kannt wurde, kann hier nur Einiges,
was sich eben als Thatsächliches der Er-
innerung zunächst aufdrangt, gesagt wer»
den. waS der Vergessenheit entzogen
werden soä. Das parlamentarische Leben
in Oesterreich war neu — denn die 48ger
Episode in der k. k. Reitschule kann rnan
kaum als eine Vorübung gelten lassen —
die politische Redekunst lag so zu sagen
in den Windeln, da war es S.» der ge«
wiffermaßen die Methode der parlamen.
tarischen Beredsamkeit, mit den Wenigen,
welche diese Gabe besaßen, mitbegründen
und dadurch Oesterreich im Parlamente
dem Auslande gegenüber ehrenvolle Ec>
folge erringen half. Es ist dieses ein Mo»
ment. welches bei der geringen Zahl guter
Redner, die im Hause vor dem Schot»
tenthore damals
sich befanden, nicht gering
anzuschlagen ist und Oesterreichs varla»
mentarische Ehre nicht wenig steigerte. —
Auch trat S. in mannhaftester Weise g e»
gen den Föderalismus und Dualismus
und für die Centralisation Oesterreichs
ein; — sprach in packender, überzeugender
Weise gegen daS Concordat und fü r die
Befreiung und Verbesserung des Unter»
richtS, dessen seit einem Jahrhundert —
seit Joseph'S I I . Tode — planmäßig
betriebene Verkümmerung Oesterreich, so
bitter zu büßen hat und eS ihm so schwer
macht, sich aus der Erniedrigung, die ihm
in den letzten Iahrzehnden widerfuhr,
wieder zu seiner alten Größe zu erheben:
— über seine Anträge wurden (4867/68)
unsere verfassungsmäßigen Rechte erwei«
tert: durch daS jährliche unbeschränkte
SteueibewilligungSrecht — früher mußte
daS Parlament nur um die Bewilligung
von Steuern angegangen nxrden — und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Band 30
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schindler-Schmuzer
- Band
- 30
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1875
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon