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Seidig Johann Gabriel 330 , Johann Gabriel
selbst in ikrer ganzen Unbeholfenheit von
stammelnden Naturlauten rettet. Ich habe
nicht die Liederbücher S.'s zur Hand. es klingt
mir aber eine Dialektstrophe in den Ohren,
die ich ;ur Charakteristik der Gattung her.
setzen will: „Wär' d'Gredl a Reh'l > Und
's Bürschl a Hn-schl. I So wär schier der
ganze Wald l Voll Hirsch! bald". Wären Ver.
gleiche überhaupt statthaft, so möchte ich be«
Häupten, das die Oesterreicher mit Stelz»
bammer ihren Robert Burns haben;
gleich hinter dem Franz von Biesen ha m
aber steht Seidel und wiegt, um einen
vollen Rentner schwerer, als die als Volks,
dichter viel verrufenen Castell i , Kl es»
heim und mehrere Andere, die sich gerne
mit grünen Hosenträgern und rothen Brust»
Iah abkonterfeien lassen. Ich glaube in
kurzen Zügen angedeutet zu haben. daß
Oesterreich ein Recht hat, einem Dichter von
der Begabung S.'s die Ehre zu erweisen;
und es ist bei dem klingenden Namen, den
er auch in Deutschland hat. nicht zu befürch»
ten, daß man uns den Vorwurf machen
werde, wir treiben eitel Götzendienst mit un>
seren heimatlichen Notabilitäten. Im Hin« blicke auf seine literansche Stellung im
deutschen Parnaß schrieb No rdmann un»
mittelbar nach Seidl 's Ableben: „Erzählte
neben I . N. Vogl zu den populärsten
Poeten in Oesterreich, und viele seiner Lieder
sind in den Singweisen hervorragender Compo-
siteure in den Mund des Volkes übergegangen;
darin bestände sein rühmliches Fortleben,'
wenn selbst sein Name in deutschen 3iteraturge<
schichten nicht verzeichnet wäre. Man wurde
aber auch im sogenannten „Auslande" den
österreichischen Dichter gewabr, und seine
„Bifolien" zählen zu den auserlesenen Ge-
dichtsammlungen. Was I. G. Seidl auf
dem Felde der Dialektdichtung hervorbrachte,
hat den würzigen Duft der Alpennatur. wo<
her er sich bei einem längeren Aufenthalte
in Steiermark die Stimmung dafür holte.
Auch seine Prosa bat einen vornehmen Cba«
rakter. und seine novellistischen Versuche und
Erzählungen sind künstlerisch zergliedert und
fesseln durch richtige Charakteristik und gei.
stigen Inhalt. Er war Einer der Besten
in Oesterreich, und sein Gedächtniß verdient
geehrt zu werden".
Ende des dreiunddreisiigjlell Bandes.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon