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Sonnenfels) Joseph 327 SonnenfelS) Joseph
Frauen ausgehen, suchte er vor Allem die
Frauen und Mädchen, wie ein geistreicher
Biograph S.'s treffend sagt. „durch jene
Bonbons der Literatur" zu gewinnen,
die zwar keine große ästhetische That be-
zeichnen, aber in ihrer Wirkung mit einer
solchen oft gleichwiegen. Au^ der Bühne
herrschte noch zu seiner Zeit der wälsche
Harlekin, der deutscbe Hanswurst, die
pöbelhafte. Posse auS dem Stegreif ver>
sammelte um snd das zahlreich freilich
wenig gewählte Publikum und feierte
Siege, wie sie noch heut,S hakspea re,
Lessing, Göthe und Schil ler nicht
glänzender erkämpfen. Gegen derglei«
cben anzukämpfen, durfte nur ein gei-
stiger Hercules wagen, der, wenn er der
Hydra den einen Kopf abhieb, gleich mit
dem. Feuerbrand den blutenden Rumpf
ausbrannte, damit nicht ein neuer Kopf
nachwachse. Und ein solcher Hercules
war Sonnenfels. Er stürmte das Reich
deS Hanswurst und der Kurz-Bernardon'-
scheu Roheiren, und wenngleich sich an
den Namen Le ssing für Sonn enf elö
eine nichts weniger als schöne und er.
hebende Erinnerung knüpft, so bleibt doch
der Sah: „was Lessing für Hamburg
und Deutschland war, daS ward Son-
nenfels für Oesterreich" aufrecht stehen.
Als Lehrer hat er länger als durch zwei
Iahrzehenle eine Reihe von Schülern ge-
bildet, unter denen wir in der Folge be-
deutende Staatsmanner, hervorragende
Gelehrte und sonst tüchtige, auSgezeicknete
Staatsbürger Oesterreichs erblicken. Seine
Verdienste um Aufhebung der Tor tu r
bleiben trotz aller Bemänglungen von
Seite seiner Gegner aufrecht stehen, und
zuletzt im hohen Greisenalter, als es ihm
bei den theils veränderten politischen Ver<
hältniffen und Unzulänglichkeit seiner
eigenen physischen Kräfte nicht mehr mög«
lich war, in die Speichen des Rades der Zeit energisch einzugreifen, ist er als Vice«
Präsident der k. k. Akademie der bilden-
den Künste auf einem für Geschichte und
Politik neutralen Gebiete energisch thätig
und verlegt nun nachdem im öffentlichen
und politischen Leben aller Widerstand
nutzlos und unmöglich geworden, die
Opposition auf dieses Gebiet. Es ist
mit dem Vorstehenden nock lange nicht
Alles erschöpft, was über S. sich sagen
ließe, der. wie wenig Andere, einende«
sonderen Biographen verdient, ebenso um
seinetwillen, als zur Aufklärung einer
denkwürdigen und inhaltreichen Periode
der ganzen zweiten Hälfte des 18. und
deS ersten Ialnzehends des 19. Iahrhun«
derts. Außer den schon im Laufe der
vorigen Darstellung mitgetheilten Aus»
Zeichnungen sei noch erwähnt, daß Son-
nen fels von Preußen den rothen Adler»
Orden, vonDänemark dasCommandeur»
Kreuz deS Danebrog erhalten hatte, daß
ihn die Akademie der schönen Künste in
Mailand und jene der Wissenschaften in
Erfurt unter ihre Mitglieder aufgenom«
men hatten. Das Diplom der philoso»
phischen Gesellschaft zu Philadelphia traf
ihn nicht mehr unter den Lebenden. Seine
Stelle nahm dann Freiherr von H o r»
mayr ein. Er war ordentliches Mitglied
der philosophischen und juridischen Facul»
tat an der Wiener Hochschule und in den
Jahren 1794 und l796 Ksetor Na^ni-
QU8 derselben. Wir schließen diese Lebens«
skizze wohl am entsprechendsten mit der
einfachen, aber geistreichen und wahrheits-
vollen Schilderung Küttner 's, welche
dieser in seinen „Charakteren deutscher
Dickter und Prosaisten" gegeben: „Keine
Werke von großer Erfindungskraft und
seltenen Originalschönheiten, aber kleine,
reichhaltige Schriften, voll Freimüthigkeit
und edler menschenfreundlicher Gesinnun»
gen hat Sonnen fels geliefert. Iin,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon