Seite - 156 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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Spieß) Christian Heinrich lä6 Spieß, Christian Heinrich
gekommen, begann es zu tagen. Nun war
an Flucht zu denken. Den 48. März blieb
S. in Volderberg. Längeres Verweilen
konnte aber seinen Freund, der ihm
Herberge gegeben, gefährden, so trugen
denn in der Nacht auf den t6./i7. dieser
und Johann Spie l thenner Speck<
bacher, der nicht aufzutreten im Stande
war. abwechselnd auf den Schultern
mehr als zwei Stunden weit über lauter
Seitenwege nach Rinn. I n der Dun»
kelheit langten sie bei Speckbacher'S
Stalle an, wo um vier Uhr Morgens
Knecht Zozzel ^stehe Speckbacher's
Lebensskizze S. 123^ seinen Herrn an der
Stallthüre fand und ihn unter Mist und
Stroh verbarg, in welcher von Ludwig
Steub angezweifelten Hülle Speck«
bacher sieben Wochen verlebte. So hat
denn S. nicht unwesentlichen Antheil an
der Rettung Speckbacher's, der durch
einen Strolch, Namens Holzer, welcher
sich um 800 fi. den Bayern ver«
kauft hatte und Bpeckbacher nun nach
allen Richtungen nachforschte, bedenklich
bedroht war. Daß es Speckbacher
gelungen, zu entkommen, i!l in deffen
Lebenöskizze dargestellt. Spie l then-
ner aber verrichtete weiter seine chirur-
gische Hilfe und stand mit aller nur denk-
baren Aufopferung, nach dem Abzüge
der Oesterreicher im Jahre l809. seinen
verwundeten Landsleuten bei. Wann er
gestorben, ist nicht bekannt.
Sar to r i (Franz). Pantheon denkwürdiger
Wunderthaten volksthümlicher Heroen und
furchtbarer Empörer des österreichischen Rei»
ches (Wien ltilü, 8<>.) Bd. I, S. l20.
Spieß, Christian Heinrich (Schrift- '
steller. geb. zuFre iburg in Sachsen ^
4. Aprll1753, gest. zu Bezd ieka u in
Böhmen 17. August 1799). Nachdem S.
die Normalschulen in seiner Heimat been» >
det, folgte er seiner Neigung zum Theater und wurde Schauspieler. AlS solcher zog
er mit Wandertruppen durchs Land. bis
er. dieses Strolchenlebens überdrüssig,
dasselbe aufgab und im Jahre 1788 als
Gesellschafter oder Günstling des Grafen
Kün ig l auf deffen Herrschaft Bezdiekau
in Böhmen erscheint und daselbst bis an
seinen im besten ManneSalter von 44 Iah.
ren erfolgten Tod verblieb. Dieses mit
wenigen Worten erzählte Menschenoasein
besitzt kaum ein Merkmal, das berechtigte,
ihm eine Stelle in diesem Werke einzu-
räumen— aber die Schriften dieses Man-
nes, welche tausend und hunderttausend
Herzen auf das tiefste erregten, und deren
Schalheit mit den Wirkungen, welche sie
hervorbrachten, im merkwürdigsten Ge«
gensatze standen, diese noch heut in den
Händen mancher Köchin und Nähterin
vorkommenden Schriften, einzig in ihrer
Art und ein Culturmoment in der deut«
schen Literatur, deffen sich keine andere
Literatur rühmen kann: weisen ihm eine
Stelle in diesem Werke an, daS sckon
manche curwse Persönlichkeit der Ver»
geffenheit entrissen hat. Spieß ist in
der Art. wie er feine Arbeiten auSstaffirte,
der Urheber der berüchtigten Geister«
und Ri t ter>Romane, welche dann
in die nicht minder bezeichnenden Räu«
ber-Romane ausarteten, so daß man
in Zweifel ist, welcher Art von Unnatur in
den auS der menschlichen Phantasie ent»
sprungenen Schöpfungen man die Palme
uerkennen solle. Göthe's „Götz von
Berlichingen",Schiller'S „Rauber" und
„Geisterseher" mochten wohl zunächst diese
in ihrer Ausführung ganz absonderliche
Gattung hervorgerufen, ihr aber den
.unauslöschlichen TyvuS grotesker Lacher-
lichkeit. die jedoch bei ungebildeten Lesern
gerade daS Gegentheil hervorruft, aufge»
drückt haben, dieses zweifelhafte Verdienst
gebührt vor Allem unserem Christ ian
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon