Seite - 182 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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Daniel 482 Spitzer, Daniel
gange", welche zuerst in der „Presse",
und zwar im Juli 1863 im 3ocal«An
zeiger dieses Blattes, dann in der „Deut.
schen Zeitung" und endlich in der „Neuen
freien Presse" erschienen. Diese Spazier-
gänge waren nicht allein das Ereigniß
des Tages, an welchem sie erschienen, son»
dern blieben nicht selten das Ereigniß
der Woche, in welchem sie trotz Politik
und anderem culturhistorischen Jammer
der Gegenwart den eigentlichen und
interessantesten Gesprächsstoff bildeten.
sDie Charakteristik dieser originellen
Feuilletons siehe S. 184) Wenn der be-
kannte Pamphletist Don Spavento
in seinem Libell: „Wiener Schriftsteller
und Journalisten. Typen und Silhouet«
ten", von Spitzer's Silhouette meint:
„Für die Literatur halte der als Schrift»
steller verkleidete Börsianer Spitzer gar
keine Bedeutung", so ist er darob in
einem gründlichen Irrthum. Linguistisch
und culturhistonsch werden die Schriften
Spitzer's neben Schlögl's „Wiener
Blut" und Künberger's «Literarische
Herzenssachen" ihre bleibende Stelle
behaupten. Spihcr'S Feuilletons sind
auch gesammelt in Buchform erschienen
und zwar unter folgenden Titeln: „Wiener
spllzmgängl" (Wien 1869, R. v. Wald-
Heim, l2<>., 1 Blatt Vorwort, 246 Seiten
und 1 Blatt Register)'. — „Mener Zplljirr-
gange. Neue Sammlung." (Wien 1873, 3.
Rosner. 8".. V I I I und 236 Seiten); —
„Wiener Spazirrgiinge. Zritte Sammlung"
(Wien 1877, L. Rosner, 8"., X I und
367 Seiten). Außer den genannten drei
Sammlungen erschien in neuester Zeit:
„Vll2 Herrenrecht. Ginr Novelle in Brieten"
(Wien. 6 Auflagen innerhalb des Jahres.
1877/78, L. Rosner, kl. 8.). Diese No-
velle behandelt das berüchtigte <7u8 pri-
was nootis und führt anlaßlich oessel»
ben den Nachweis, daß, abgesehen von der Frage — ob dieses niederträchtige
Recht des Gutsherrn wirklich je bestan-
den — es doch bei weitem schöner sei, den
Erfolg, den jenes Herrenrecht gewähr»
leistete, dadurch zu erringen, daß wir
gefallen und geliebt werden. Es ist eine
in geistvollen Briefen pikant durcbge»
führte Geschichte; ein amüsanter, jedoch
bei aller Schlüpfrigkeit des Stoffes ganz
anständig gehaltener Beitrag zu der von
H. Nay jüngst herausgegebenen, nach
den zuverlässigsten Quellen bearbeiteten
„VidliotkecÄ Aermauornm erotioa"
(Leipzig 1873, Druck von E. Rupfer in
Stuttgart, gr. 8".. 1 Blatt Vorwort
und 131 Seiten). Spitzer's Spazier»
gange haben ihre Anerkennung in der
Kritik — ohne Reclame — in einer Weise
gefunden, wie wenige Bücher unserer
Zeit. Paul L indau. Franz Hirsch,
Alfred Meißner und Julius Stet t en-
heim und viele andere genannte und
ungenannte Kritiker sind einig über
die Bedeutsamkeit dieser Spaziergänge.
G l a s b r enner in seiner Berliner
„Montagszeitung" spricht es einfach
auS: „Man braucht nicht Wiener zu sein.
ja Wien'S Genußluft nicht eingeathmct
zuhaben, um in S pitz er's Feuilletons
zu schwelgen; sie sind, falls unsere
Philologen diesen Ausdruck gestatten,
classisch. EtwaS zugeknöpft gegen Idea»
lismuS und Sentimentalität, ist S. dock
ein Ritter der Freiheit und des Rechtes,
kämpft mit Muth und Geschick, trifft mit
seinem Federdegen immer den Nagel auf
den Kopf. und dabei manchen Kopf auf
dessen Nagel, und tödtet das ihm Feind«
liche mit einnehmender Grazie und Ele»
ganz. Seit Ernst Kossak nicht mehr
schreibt, hat Berlin Wien um solche
Feuillelonisten wie: D. Spitzer und
Friedrich Schlögl zu beneiden." Im
Vorstehenden ist der Ausspruch eines
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon