Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Lexika
Wurzbach-Lexikon
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
Seite - 19 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 19 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37

Bild der Seite - 19 -

Bild der Seite - 19 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37

Text der Seite - 19 -

Stadion-MarthauseN) Franz Ser. 19 Stadion-MarthauseN) Franz Ser. die vorderen, glücklicher Weise leeren Wag< gons des Zuges waren zu Splittern zer» schmettert, und gerade der Waggon, in welchem der Graf mit seinen Getreuen saß. war der Erste, der unversehrt geblieben. Vom Weiterfahren war keine Rede mehr. Auf der provisorischen Haltstation kein Unterkommen. Man mußte etwa eine kleine halbe Stunde weit marschiren, bis man an einen Ort gelangte, wo etwas zu erhalten war. Es war Nacht, eisige Kälte herrschte und nun wanderten an 2l) und mehr Bahnreisende, in der Mitte von ihnen der Graf, auf dem Bahndamme in der Richtung nach dem be« zeichneten Wirthshause, wo sie ein warmes Zimmer und vielleicht einen heißen Punsch oder Kaffee bekommen sollten. Auch dieses Ziel ward erreicht. Eine geheizte Stube nahm die ganze Gesellschaft auf. Jeder bestellte Thee, Kaffee, Punsch; auch der Graf bestellte einen Thee. Der Wirth war ein Radicaler schlim» ster Sorte. Daß der Graf sich unter seinen Gästen befand, konnte nicht verborgen» wer« den, war auch kein Grund da, es zu ver< bergen. Mit wüthenden Blicken maß der Wirth den Grafen. Alle erhielten, was sie bestellt, nur der Thee des Grafen blieb aus. Da auch Andere bereits Thee erhalten hatten, fiel es auf. Es stellte sich allmälig heraus, der raoicale Wirth wollte dem verhaßten Minister nichts verabreichen. Wiederholte Erinnerungen des Grafen, ihm den Thee zu bringen, blieben erfolglos. Der Graf er» hielt nichts und blieb, da er alle Anbote seiner Gefährten, deren jeder bereit war, ihm sein Getränk abzutreten, entschieden ablehnte, ohne Labung. In den Mienen des Grafen zuckte es ein paar Male auf, endlich aber schien ihn die Sache zu belustigen. Wie peinlich der Vorfall die sämmtlichen Beglei t:r des Grafen berührte, läßt sich kaum sagen. Nachdem die Hindernisse der Weiter» fahrt beseitigt waren, was wohl an die zwei Stunden gedauert, brachen Alle auf, erwärmt und gesättigt, nur Graf S tad ion hatte nicht einen Tropfen Warmes getrun« ken, keinen Bissen Warmes genossen. Er ging wie die Uebrigen, nicht eine Sylbe kam über seine Lippen, der radicale Wirth aber blickte dem Grafen mit einer Selbstgenügsamkeit nach, alS hätte er den großen Tresser ge< macht. Welche Genugthuung nahm sich der Graf? Den nächsten Tag erging an die Poli- zei der Befehl, den Wirth, der genau bezeich« net worden, vorzuladen und ihm vorzuhalten: Seine Pflicht als Wirth sei es, seinen Gästen, ohne Unterschied ihrer politischen Richtung, wenn sie bezahlten, das Verlangte zu verab» reichen. Sollte er sich auf einer Unterlassung dieser seiner nächsten Pflicht als Wirth betre- ten lassen, so werde ihm die Wirthshaus» - Gerechtigkeit ein für alle Mal entzogen wer» den. Dieser ganze Vorgang kennzeichnet den Grafen, der damals als Minister des Innern und somit oberster Chef der Polizei, über den ihm in bitterster Stunde zugefügten pöbelhaften Affront eines Pfahlbürgers sich hinwegsetzend, den ganzen Vorgang von der legalen Seite auffaßte und ohne sein eigenes verletztes Ich weiter zu berückstch« tigen, dafür sorgte, daß Anderen nicht Aehn» liches geschah, wie ihm geschehen. Er kannte zu gut, wie in jenen Tagen die leidige Poli» tik alle Leidenschaften aufgerüttelt und diese in gemeinen Naturen auch den gemeinsten Ausdruck fanden. — Im Geschäftlichen besaß der Graf einen Scharfblick, um den er zu beneiden war. Schon der vorstehende Fall beweist, wie er wie hier den Nagel immer auf den Kopf zu treffen wußte, und eine Sammlung von seinen Verfügungen, die nicht immer actenmäßig concipirt, wur«. den, sondern von den Lippen sofort zur Ausführung gelangten, wäre eine Blumen« lese im Coder der Staatsweisheit, wie sich eine ähnliche aus den Anordnungen anderer Minister nicht immer zusammen« stellen ließe. Wie der Graf, der überhaupt weniger vom Actentische, der übrigens von ihm nur die erbaulichste und lehrreichste Ge< schichte zu erzählen wüßte, als vielmehr aus dem Salon und oft durch Impromptus aus dem gesellschaftlichen Verkehr regierte und Anordnungen traf, oft mit einem Humor und mit Geistesblitzen Maßregeln von Wich« tigkeit ausführte oder deren Ausführung uer» anlaßte, davon nachstehende Thatsache. Die bekannte Waghorn'sche „UeberlanoSpost" befand sich noch'in den ersten Anfängen. Der Graf durchschaute ihre Wichtigkeit, aber wo fand er ein wirksames Mittel, um die <3en> tralstellen in Wien im Vormärz damr zu in. teressiren? Denn wenn das Ganze den gewöhn» lichen Instanzenzug gehen sollte, so gingen Jahre darüber hin, ehe ein endgiltiger Be« schluß gefaßt wurde. Als ihn nun eines Tages einer der Herren ^Verfasser meint, es war Herr von Schwarzer) besuchte, welcher eine der ersten Fahrten mitgemacht und ihm über die Fahrt Mittheilungen machte, da
zurück zum  Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Stadion-Stegmayer, Band 37
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Stadion-Stegmayer
Band
37
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1878
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
362
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich