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einem Tuchgeschäft. Diesem Letzteren hatte
sich S. schon früher anvertraut. Dann
aber als sie alle drei eines Abends bei
einer Bowle Punsch im traulichen Kreise
beisammen saßen, sprach er seine Absicht.
Napoleon zu ermorden, und so das
Vaterland von diesem Ungeheuer zu be-
freien, offen aus. Die Freunde, die die-
seri Entschluß mit Entsetzen vernahmen,
drohten ihm, wenn er nicht heilig ver-
spreche, dieses Vorhaben aufzugeben, es
dem Vater zu berichten. Nun lenkte S.
ein, und gab vor, einen Scherz gemacht
zu haben, so daß die Freunde das
Ganze für einen Ausbruch der leiden-
schaftlichen Stimmung ansahen, die da»
mals ziemlich in allen Kreisen herrschte,
und nickt weiter von der Sache sprachen.
Als am 23. September sein Principal
Ro ths te i n nach Leipzig zur Meffe
reiste, bestellte Fritz für sich Wagen
und Pferd auf den nächsten Tag. Damit
fuhr er am 24. September heimlich nach
Ilmenau. Seine Barschaft betrug elf
Friedrichsd'or. I n Ilmenau nahm er
die Post nach Wien. An seinen Freund
W a l t e r hatte er ein Blatt zurück«
gelassen des Inhaltes: „man solle ihn
nickt suchen, nur todt auf dem Schlacht»
felde werde man ihn wiederfinden". An
die Eltern schrieb er einen Brief, welcher
in ganzüberschwänglicher Weise gehalten
ist, und worin er in begeisterten Wor»
ten den Vorsatz auSspricht „daß er fort
muffe, um Tausende vom Tode und vom
Verderben zu erretten, und dann selbst
zu sterben". Hier sei nun, und zwar der
geschichtlichen Treue wegen, bemerkt, daß
dieser Blief in zwei stark von einan.
der abweichenden Varianten mitgetheilt
ist. einmal und zwar zum ersten Mal
im „Literarischen Wochenblatt" 4820,
Nr. 114, S. 434 und 433; daS zweite
Mal in der Keil'schen „Gartenlaube" 487t. S. 30. Der erste Brief tragt das
Datum Erfurt, den 23. September 4809,
der zweite das Datum, Erfurt. 20. Sep«
tember 1809. Daß es nicht zwei ver.
schiedene Briefe sein sollen, erhellet aus
ihrem Inhalte. Da jener im „Llterarischen
Wochenblatt" aus dem Werke Bignon's
„Des proLoriptionL" entnommen ist, so
ist die Annahme wohl erlaubt, daß der
mitgetheilte Brief auS dem Französischen
überfetzt, wodurch dann die textliche
Verschiedenheit auch erklärt ist. Nur die
Verschiedenheit oeS Datums ist nicht
oder durch einen Druckfehler zu er-
klären. Gewiß ist es, daß der Original,
brief nicht im Besitze der Familie blieb,
weil er bald nach dem mißglückten Un-
ternehmen S.'s, nebst allen anderen
Briefen des Unglücklichen, von dem fran«
zösischen Intendanten zu Erfurt durch
eine eigene Staffelte abgefordert worden,
und nur so lange noch im Besitze der
Eltern geblieben war, als nöthig war,
davon eine Abschrift zu nehmen. Der
Brief, deffen Inhalt, wie gesagt, in ganz
eraltirter Weise gehalten war, versetzte
die Eltern, die ihn nicht recht verstanden,
in große Unruhe, nicht minder als seine
Abreise von Ersurt, wobei er auch nicht
im mindesten angedeutet, was das Ziel
seiner Reise sei. Wann S. in Wien an-
gekommen, erscheint nirgends mit Be-
stimmtheit angegeben, und auch die An«
gäbe des Tages, an welchem Napo»
leon in Schönbrunn die Parade abge»
halten, ist eine zweifache. Nach der
Gartenlaube" ist ganz irrig der 23. Oc»
tober angegeben, alle anderen Quellen
geben den 12., Geusau den 11. Oc-
tober an. Im weiteren Verlaufe der
Darstellung des Attentates und des
merkwürdigen, nach demselben stattgehab»
ten Gespräches Napoleon's mit S.
halten wir uns an die Darstellung,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon