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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Band 39
Seite - 36 -
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Seite - 36 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Band 39

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Stifter 3s Stifter da zu athmen glauben, wo uns der Dicht, in ein gar enges Stübchen des vierte» Stockes führt, von welchem aus wir nicht« sehen alS ein kleines Stück Nachthimmel Kunstkenner weiden ihn daher wohl in di« Classe der Idealisten versetzen, und es kam ihnen nicht an Gründen für diese Maßrege fehlen, Leser, die nur Stoss und immer Stoff, die aub einer Begebenheit, aus einer Leiden« schaft in die andere taumeln wollen, werden unseren Dichter einen Phantasten nennen, dem, trotz aller Plastik, die eigentliche, di, wirtliche Wirtlichkeit sa fremd sei. wie di< Wolk-n von gestern. Beide mögen Rechi behalten. Jene dagegen, die inAdalber St i f ter einen Geist erkannten, der die Na. tur wie das Menichenherz gleich klar und sicher durchschaut und darstellt, müssen au den Schatz hindeuten, dessen Werth uno Größe aus den vorliegenden Blättern zu Tage leuchtet, sich der Hoffnung hingeben daß aus dem Idealisten und Phantasten schon ein Dichter hervorschreite, welchem in der Gegenwart ein Ehrenplatz mit vollem Rechte gebührt." — In einer kritisch'biogra« phischen Darstellung der österreichischen Dick» :er des Vormärz, welche die „Leipziger I l lustr i r te Zeitung" (i846. S. <26) brachte, heißt es anläßlich St i fter'S: „Karl Bect, Eduard Dul ler . Kuranda, Her« loßsohn, Drerler» Manfred. Jacob Kaufmann, Moriz Hartmann. Joseph Rank sind Oesterreicher, und sie schleppen die Pfähle ihres ZelteS von einer Stadt zur anderen. Es ließe sich ein eigener Artikel „Literarische Beduinen" und wieder ein trüb. sinniges Märchen „Heimatlos" schreiben — der Stoss dazu liegt auf der stachen Hand — man dürfte diese Hand nur zur Faust ballen und eine Feder hineinzwängen. Es gibt wieder Dichter, denen die Heimat so recht ans Herz gewachsen, die sich darin glück- lich fühlen — eine ruhige, in sich abgeschlos- sene Persönlichkeit, die den Unwillen nicht kennt, erhält sie in der Schwebe über alle Bewegungen der Zeit — eö sind dieS die „Stillen im Lande" — Ad albert St i f . ter. der sich schnell in Deutschland und Oesterreich eine seltene Anerkennung verschafft, ist hiefür ein gutes Beispiel. S t i f te r , mit dem die österreichische Kritik lange nicht zurecht kommen konnte, da er es anders trieb, als all die Anderen, ist den Anderen bald über den Kopf gewachsen und veiintt glänzend die heimische Prosa. Seine Novel« len. meist Stillleben mit einer prächtigen Naturanschauung, sind prosaische Meister, werke. St i f ter hat sich nie mit der Lärm» trommel vor die Thüre gestellt -- er hat mit Weibe und Begeisterung gedichtet, und nun sind alle jene ruhig gedachten, poetisch empfundenen, künstlerisch ausgeführten Ar. beiten. die er bescheiden „Studien" getauft. Meisterstücke der deutschen Nooellistik gewor» den — ein allgemeiner Erfolg krönte sein erstes, eckteS und rechtes Schaffen. I n diesen Novellen ist nichts zu finden von jener widerlichen LebenSanschauung. die in vielen sogenannten „Tendenzromanen" Orgien feiert. Der Stoss fände Raum in einer Haselnuß, und dennoch schlägt man darin gerne Blatt für Blatt um und findet auf jedem Blatte Dinge, die man wohl selber erfahren, die aber nie in solch poetischer Verklärung wie hier zum Ausspruch kommen. St i f ter 's Novellen sind Idyllen der socialen Welt und dürfen mit Recht Auerba ch's herrlichen Dorfnovrllen an tie Seite gestellt werden. — Treffend ist, was in einem Ber l iner Blat te zu An- fang der Fünfziger»Iahre — leider kann ich den Titel des BlatteS nicht angeben — ein ungenannter Kritiker schreibt, nachdem die sechs Bändchen der „Studien" tll>50) voll- ständig erschienen waren. „S t i f te r ist ein Dichter", heißt es in diesem Urtheil, „er hat freilich die Fesseln des SylbenmaßeS und des Reimes abgeschüttelt und läßt die sanfte Strömung tief poetischer Empfindungen in freier, ungebundener Rede sich ergießen, aber er ist darum nicht weniger ein Dichter. Seine Empfindung ist nicht d« so vieler Dichter gleich, die bei ihren Herzrnsergießun» gen durch Maßlosigkeit und Ueberfchweng, lichtett sich selbst zerrütten. eS ist nicht der Ocean, über den die Stürme hinbraufen und in dem alle Flüsse zusammenrauschen, sondern jene unterste, lebendige und tiefe Quelle, die nur in einem leisen, keinem menschlichen Ohre vernehmbaren Strömen begriffen, ihre stets frischen Perlen an die Oberfläche des hingleitenden NächleinS auf- steigen läßt. Daher auch die ruhig fließende Prosa; die seinem Gemüth entsprechende Form für seine Schöpfungen ist gleichsam das unüderkleidete. ungeschmückte Herz der Dichtung mit feinen gleichmäßigen, fieber- freien Pulsschlägen. Daß einem so edlen, tief poetischen Gemüth, wie S t i f te r es überall verräth, auch nur eine edle. schöne Sprache zum Ausdrucke seiner Anschauungen
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Stifft-Streel, Band 39
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Stifft-Streel
Band
39
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1879
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
400
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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