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Ungarns im Jahre 4843). Die Eltern
waren als Nirthschaftsbesiher so ver
armt. daß sich der Sohn sein Brod als
Hirtenknabe verdienen mußte. I m Alter
von sechs Jahren lernte er seinen Oheim
Anton Hirsch, einen Beamten im
k. k. allgemeinen Krankenhause zu Wien,
kennen. Obwohl dieser selbst Familie be>
saß, nahm er den Neffen, von dessen
Wesen und Wißbegierde er fich ange>
zogen fühlte, in sein Haus auf. Ein
großer Freund der Musik und Dilettant
in dieser Kunst, begann er, als er das
musikalische Talent seines Pfleglings er-
kannte, demselben zuerst im Gesang,
dann im Violinspiol Unterricht zu er«
theilen. Eben damals machte die kaum
ins Leben gerufene Akademie der Ton.
kunst viel von sich reden, und so richtete
denn auch Hirsch sein Augenmerk auf
diese Anstalt. Nachdem der Knabe da»
selbst einer Prüfung unterzogen und seine
schöne Sopranstimme allseitig gewürdigt
worden, fand er als Zögling in der
Gesangschule Aufnahme. I n derselben
machte er treffliche Fortschritte; nicht
minder aber unter der unmittelbaren
Leitung des Professors Benesch in
dessen Violinschule; auch ertheilte ihm
dieser, von dem Talente deS Schülers
angezogen, noch unentgeltlichen Unter«
richt außer der Schulstunde. Schon bei
der ersten Iahresprüfung konnte der
neunjährige Zögling unter Anderem daS
7. Concert von Bör io t spielen. Als
im Herbst 1834 ein Concurs zur Auf.
nähme von Sängerknaben für die k. k.
Hofcapelle ausgeschrieben wurde, erhielt
er unter 48 Mitbewerbern eine Stelle
als Hofcapellsanger und wurde nun als
solcker in daS k. k. Löwenburg'sche
Convict unentgeltlich aufgenommen.
Daselbst zählte er bald zu den besten
Zöglingen, und um diese Zeit schon ver- suchte sich der erst eilfjährige Knabe auf
Anregung seines OheimS im Compo»
niren. So entstand denn zum Namens»
feste desselben im Jahre 5856 ein
Streichquartett, Sucher'S erste Com»
Position, welche so sehr den Beifall des
Oheims fand, daß dieser seinem Neffen
— doch wohl mehr im Scherze — zu»
rief: „Nun componk' mir eine Messe,
hier hast du Papier". Der Knabe ließ
sich dies nicht zweimal sagen; in einer
halben Stunde war das Kyrie compo»
nirt. das er nun selbst dem Oheim vor»
sang, der von der frommen Weise des
Tonstückes tief ergriffen, den Jungen
im Ernst aufforderte, die Messe zu Ende
zu componiren. Zu dieser Aufforderung
gesellte sich noch eine zweite. Der Oheim
war nämlich mit seinem Neffen eines
TageS in Geschaftsangelegenheiten nach
Heiligenkreuz gefahren. Im Stifte stellt«:
er seinen kleinen Tonkünstler dem Prä-
laten vor, der, selbst ein großer Verehrer
guter Musik, das Kyrie, von welchem
ihm H i r sch berichtet hatte, auch zu
höien wünschte. Der Prälat wurde von
dem Vortrage des TonstückeS so gerührt,
daß auch er den Knaben zur Vollendung
der Messe aufforderte, welche er dann
am Kreuzerhöhungsfeste in seiner Stifts-
kirche aufführen und wozu er den jungen
Componisten irn Wagen abholen lassen
wollte. Tief war der Eindruck solchen
Erfolges auf Sucher, und zur rechten
Zeit brachte er die Messe zu Ende. Nach.
dem sein Meister in der Harmonielehre,
S i m o n Sech te r ^Bd. XXXII I ,
S. 230^ > daS Werk durchgesehen und
noch einige unerläßliche Correcturen und
Kürzungen daran vorgenommen hatte,
gelangte dasselbe am 14. September
1856. von dem eilfjährigen Knaben per»
sönlich dirigirt, in der Heiligenkreuzer
Stiftskirche zur Aufführung. Dieselbe
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon