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Tauber, Joseph Samuel 127 Tauber, Joseph Samuel
Orfi las. Michelet's. des Chemikers
DumaS und aucb der anderen hervor,
ragenden Professoren der Sorbonne. Im
Jahre 4847 nach Deutschland zurück-
gekehrt, veröffentlichte er einen Band
„Gedichte" (Leipzig 4847. Lorck). welcher
durch seine tiefempfundenen Naturschilde,
rungen, sowie durch den Hauch edler
Freiheit, der die Lieder durchwehte, bei»
fällige Aufnahme fand. I n Paris war
er durch Moriz Har tmann mit Hein-
rich Heine persönlich bekannt gewor»
den, in Deutschland fand er Gelegen»
heil, mit Varnhagen von Ense zu
verkehren, der des jungen Poeten in
seinen Aufzeichnungen mit Wohlwollen
gedenkt. Im Jahre 1848 finden wir
ihn in Wien. wo er die glorreichen
Sonnentage eines erwachenden politi-
schen Lebens, die leider nur von zu kurzer
Dauer waren, aufgehen sah und, von
dem blendenden Glänze derselben durch,
glüht, zu begeisterter Thätigkeit empor»
gehoben wurde. Die bei Wald h eim
erschienene „Geschichte der Wiener Revo«
lution im Jahre 1848" gedenkt Tau.
b er's. wie er mit dem Obercantor Sa»
lomon Sulzer ^Bd. XI^, S. 31 I^ j am
13. März auf dem Michaelerplatze der
Zertrümmerung des Wächterhäuschens
beiwohnte, aus welchem plötzlich, als
Sulzer , auf die vor der Burg auf-
gefahrenen Kanonen weisend, die Be>
merkung machte: „in der Zukunft werde
aus anderen Backöfen unser Brod der
Freiheit gebacken werden", der böhmische
Polizeimann hervorsprang und Beiden
befahl, sich zu entfernen. Da der Ober«
cantor lachend entgegnete: „er habe
noch nicht alle Bretzen aufgegessen",
drang der Polizist auf denselben ein
ijnd faßte ihn am Arme. Da sprang
sauber mit den Worten hinzu: „Die
"Hand fort!« Indessen sammelte sich Volk um dio Streitenden, und im Gedränge
wird der schwarzgelbe Wachtkasten um-
geworfen und geht in Stücke. Da rief
T a u b e r , eine der losgebrochenen
gelben Planken hoch erhebend, der ihn
umstehenden Menge zu: „So wie diese
kleine Zwingburg in den Staub gesunken
ist. soll die Macht, die bis jetzt darin
wohnte, zu Boden getreten weiden".
Nun trat Alles auf die abgerissene
Planke und jeder nahm jubelnd ein Stück
mit sich — der Polizeimann aber war
spurlos verschwunden. Der Wiener Illu»
strationszeichner Vinc. Katzler hat in
dem obigen Werke diese „Scene auf dem
Michaelerplatze" in einem Bilde darge«
stellt. Wir haben diese Begebenheit aus
Tauber's Leben mitgetheilt, weil sie
uns diesen, in seinen späteren Jahren
durch seine unverwüstliche, ja harw.oni-
sche Ruhe so sympathischen Poeten ge-
rade im rechten Momente in einer begei.
stetten Aufregung zeigt. Spater setzte
der Dichter seine Reisen fort und besuchte
auf denselben Prag und Kcakau und in
beiden Städten die seit seiner Jugend
nicht gesehenen Ghettos. Der Anblick
dieser eigenthümlichen Iudenstatten regte
ihn zu dem Buche an: „Die letzten Inden.
Verschollene Ghetlll-Mürchen", zwei Theile
(Leipzig 1833, Brockhaus: 2. Aufl. ebd.
1839, 8".), welches namentlich in Polen,
Mahren und Ungarn große Verbreitung
fand. Die darin behandelten Märchen
sind entweder von dem Dichter selbst
erfunden, oder einer alten verschollenen
Volkssage nachgebildet. Er schildert
darin, im Gegensatze zu den berühmten
tiefsinnigen Geschichten K o m p e r t's.
mehr die heiteren Seiten des Ghettos,
und ganz auf den Standpunkt der Refor«
mation des Iudenthumä sich stellend,
will er den alten Wust unzeitgemäßer
Gebote und Ceremonien weggeschafft
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Band 43
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Tabacchi-Terkla
- Band
- 43
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1881
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 320
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon