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Samuel (II.) 33 Tessedik, Samuel (II.)
Theorie gleichsam öffentlich darzuthun,
gab er das Werk heraus: „Nrr A.'llndiullnn
in Allgarn, uills er iöt untl wu5 er SLljii Könnte,
nebZt ticm Plane p einem regnlirten Nack"
(Pefth 1784), wovon ohne Angabe des
Verfassers unter dem Titel: „Oekono-
misch-physikalisch,-statistische Bemerkungen
über den gegenwärtigen Zustand des
Landwesens in Ungarn, besonders in den
Gegenden der Theiß" (o. O. jHreßburg^
1787, Mahler, 8".) eine neue Ausgabe
erschien. Aber nicht blos theoretisch ging
er vor, auch praktisch gab er die Beweise
für die Ausführbarkeit seiner Vorschläge.
Er führte den Kleebau, die Stallfütterung
und die ganze bessere Landwirthschaft
nach den Rathschlägen eines Schubart,
Meyer u. A. zuerst in seiner Gegend
im Großen ein; er erbaute in seinem
Kleefelde, aus dem er 24 Stück Rindvieh
fütterte, ein eigenes Trockenhaus für den
Klee; er verstand den Samen von der
Luzerne so gut zu gewinnen, daß er jähr-
lich sechs bis zehn Centner ä. 30 st. ver-
kaufte; er errichtete aus einem Fond von
9000 fl. seiner Gemeinde eine Kirche für
20.000 fl., indem er von den Zinsen
dieses Geldes einige in der Gegend seltene
Mühlen ankaufte oder solche anlegte, den
Pacht dafür in Mehl zahlen und aus
diesem für die Arbeiter gutes Biot backen
ließ, für welches sie
wöchentlich zwei Drittel
ihres Lohnes an die Baucasse zurückzu-
zahlen hatten. Er ging ganz von den
selben Grundsätzen aus, die, entfernt von
ihm, Pestalozzi lehrte und übte, nänv
lich: das Volk durch erhöhten Fleiß und
größere Thätigkeit zu verbessern. Denn
ihm, dem ebenso denkenden, wie prak--
tischen Seelsorger, erschien die geistig-
sinnliche Natur des Menschen durchaus
nicht zur bloßen Speculation und zu
müßigem Denken geschaffen, sie kann
im Durchschnitt genommen, nur
v. W urzbach, biogr. Lerilon. XI.IV. sGed dann menschlich-tugendhaft sein,
wenn sie menschlich-thätig und
arbeitsam ist. Aber mit seinen Be-
mühungen ging es bei der Indolenz des
Landmannes, der überhaupt allen Neue-
rungen von vornherein mißtrauisch ent>
gegentritt, nur sehr langsam vorwärts.
Durch Reisen, die er in Deutschland
machte, wo er mit Gelehrten, Pädagogen
und anerkannten Landwirthen Verbin-
düngen anknüpfte und an Ort und Stelle
pädagogische und ökonomische Verhalt-
nisse kennen lernte, erkannte er bald den
unzweckmäßigen schwerfälligen Mechanis»
mus der ihm anvertrauten vierzehn
Schulen. Von Kaiser Joseph II., wel-
cher in ihm den tüchtigen Schulmann,
Seelsorger und echten Menschenfreund
erkannt hatte, zum wirklichen Beisitzer
der Schulcommission in Preßburg ernannt,
wurde es ihm möglich, mehrere Versuche
in Verbesserung des Schulunterrichtes,
wenngleich nur im Kleinen, zu unter«
nehmen. Als aber diese gelangen, er-
weiterte er seine Pläne. Durch eine
Schenkung von Seite der Gutsherrschaft
erwarb er sechs Morgen unbebautes Land,
auf welchem er ein Schulgebäude mit
Garten, Bibliothek, Instrumenten und
Maschinen auf eigene Kosten anlegte, und
lehrte dann vier Jahre hindurch die
! ältere Schuljugend zu Szarvas ohne
! Entgelt, um aus ihr vernünftige Men-
! schen, gute Christen, folgsame Bürger
! und Unterthanen und tüchtige Landwirthe
! ;u bilden. So rief er aus eigenen Mitteln
! eigentlich die erste Industrieschule in
! Ungarn ins Leben. In derselben erhielten
^ die Kinder Unterricht im Seidenbau, im
Säen und Pflanzen der Maulbeerbäume,
> in allen dazu gehörigen Verrichtungen
! bis zum Spinnen der Seide; er lehrte sie
auck die bis dahin in Ungarn für unfruchv
bar gehaltene Szekes- (sodartige)
r. i. Sept. 1881.1 3
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Terlago-Thürmer, Band 44
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Terlago-Thürmer
- Band
- 44
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 360
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon