Seite - 97 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Toffoli-Traubenburg, Band 46
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Tommaseo. Nicolo 97 Tommaseo.
wo er sich meist mit Uebersetzungsarbeiten
beschäftigte — so übertrug er Einiges von
T h u c i d i d e s , etliche Schriften des
A r r i a n , des D i o n y f i u s „Kunst
der Beredtsamkeit" u. d. m. ins Italic»
nische — war seines Bleibens nicht lange,
die dortigen literarischen Verhältnisse
sagten ihm nicht zu. Die „Viblioteoil.
itll.Uil.nli.", welche den Ton angab, miß«
fiel ihm mit ihrem schulmeisternden Tone
und ihrem strengen Festhalten am Stabi-
litätsprincip ganz und gar. Er fühlte
sich beengt, thatsächlich waren die be-
stehenden Censurverhältnifse nicht da»
nach angethan, sich mit ihnen leicht ab-
zufinden und einen geistig so beweg-
lichen Mann wie Tommaseo nicht zu
erbittern, und so übersiedelte er denn
nach Florenz, wo er sich bald als Lehrer
seßhaft machte und als Mitarbeiter der
freisinnigen von Vieusseux begrün-
deten „^.ntoloFig. äi ^Irerl.26" durch
seine Artikel allgemeine Aufmerksamkeit
erregte. Indessen behielten ihn die öster-
reichischen Spione, denen er bei seiner
Nebersiedlung aus dem Wege gegangen,
auch in der Arnostadt fest im Auge, de-
nuncirten ihn, nachdem sie längere Zeit
seinem ungebundenen literarischen Trei-
ben zugesehen, angeblicher politischer Um-
triebe wegen, und da zu jener Zeit Oester«
reich auf der italienischen Halbinsel das
politische Uebergewicht behauptete und
großen Einfluß auf die übrigen kleineren
Staaten Italiens besaß, fühlte er sich
nicht mehr sicher und entzog sich durch
rasche Flucht nach Frankreich der gegen
ihn geplanten Verhaftung, vor welcher!
er noch rechtzeitig von seinen politischen!
Freunden gewarnt worden war. Und
nun beginnt das rastlose Wanderleben!
Tommase o's. Einen bleibenden Wohn-
sitz hatte er erst in seinen letzten Lebens-1
jähren, früher ließ er sich, je nachdem es >
u. Wurzbach, biogr. Lexikon. XI.VI. ^Gedr die Verhältnisse fügten, da und dort
nieder, überall mehrere Jahre verwei-
lend, dann mit einem Male den Wander-
stab ergreifend, um wo anders sein
Lebensglück zu versuchen. Wo er aber
sich aufhielt, entwickelte er eine ans Un-
glaubliche grenzende literarische Thätig-
keit, welche in der S. 100 u. f. angefügten
Uebersicht seiner Schriften thatsächliche
Bestätigung findet. Es war im Jahre
1833, als der dreißigjährige Tommaseo
sich durch rasche Flucht nach Frankreich
seinen Häschern entzog. Dort verlebte er
mehrere Jahre meist in Paris, aber auch
in verschiedenen Provinzftädten. I n der
Weltstadt verkehrte er viel mit den zahl-
reichen daselbst in unfreiwilliger Ver-
bannung lebenden Landsleuten und den
politischen Flüchtlingen anderer Staaten.
Darauf begab er sich nach Corsica, wo er
gleichfalls mehrere Jahre zubrachte, sich
seinen Unterhalt wieder durch literarische
Arbeiten erwerbend. Ebenso durch seinen
Fleiß, wie seine stolze unbeugsame
Unabhängigkeit, gewann er allgemeine
Achtung und ließ die Aureole seiner
Verbannung nur um so heller strahlen.
Als dann im. Jahre 1838 für 3om°
bardo - Venetien die Amnestie erlassen
wurde, in Folge deren Tommaseo die
Rückkehr nach Oesterreich offen stand, be>
gab sich derselbe nach der Lagunenstadt,
wo er nun die folgenden zehn Jahre, in
diesen wiederholt seine Heimat besuchend,
ausschließlich mit wissenschaftlichen und
literarischen Arbeiten beschäftigt verlebte.
Indessen wirkte er heimlich und so weit
es die damaligen Verhältnisse gestatteten,
vorbereitend für die spätere Entwickelung
der politischen Zustände. Gegen Ende
1847 verband er sich mit Man in und
Anderen und richtete eine Petition an
Kaiser Ferdinand um mildere Hand-
habung der Censur, die wie in den
26. Juli 4882.) 7
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Toffoli-Traubenburg, Band 46
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Toffoli-Traubenburg
- Band
- 46
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 330
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon