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Tschabuschnigg 6 Tschakuschnigg
heit übt sie nicht selten unverkennbaren
Einfluß. Wie manche große That der
Geschichte bedürfte eines von ihr be-
geisterten Willens: in der modernen Zeit
hat sie sich zwar größtentheils in das
Privatleben zurückgezogen, aber ihre
negativen Nachwirkungen sind nicht zu
übersehen; und nach ihrem kurzen Auf.
schwunge scheint ein nicht geringer Theil
der Helden des Tages wie geöffnete
Flaschen zu verrauchen. Das Wesen der
Liebe stellt sich in unberechenbaren Wider»
sprächen dar', ihr Aufwand an Blühen
und Duften ist oft nicht mehr als eine
prächtige Phrase, die einen kurzen ge<
meinen Trieb kostbar verhüllt — oft aber
wieder hat ihr Samenkorn Anspruch auf wie spurlos er verschwindet, soll uns die
irdische Bedeutung im Gesammtleben der
Gemeinde zeigen Als Mitglied der
großen irdischen Familie muß der Mensch
die Wissenschaft des Geschlechtes wahren
und fördern, ^die Entschlüsse desselben
veredeln und reifen, dessen Thaten vor-
bereiten und ausführen. Das Streben
keines Redlichen ist in dieser Hinsicht ver-
loren; die Geschichte bedarf nicht immer
Helden und Genies, aber der bescheiden
Wirkende, der treu Erhaltende ist ihr stets
nöthig. Wären alle Zeitgenossen jemals
dumm und schlecht, und dauerte dies auch
nur durch ein paar Menschenalter, so
müßte die allgemeine Menschengeschichte
um Jahrtausende zurückgehen. I n dieser
himmlische Abkunft. Ich versuchte ihre! Wahrheit liegt die Würdigung der still
Phasen aufzugreifen, die Geschichte ihrer Thatigen, deren Namen keine Ehrentafel,
Entwickelung zu verfolgen und so einen kein Leichenstein verkündet". Wir wollen
Beitrag zu ihrer Auslegung zu bereiten. ' die trefflichen Ansichten, welche Tscha-
Bald fand sich ein passendes Gerüst von ^ buschn igg in seinem Werke ausspricht,
Thalsachen, der Vorwurf war der Aus-! nicht weiter fortführen, dies Wenige
führung werth, und der Verlauf des ! schon genügt, um zu zeigen, daß wir es
Werkes versprach nebstbei Anregung zu! mit einem Werke edlerer, ja edelster Gai>
vielseitigen Gedanken und Betrachtun-! tung zu thun haben, das ebenso den
gen". Deren aber finden sich im ge>! Dichter wie den Denker kennzeichnet. Noch
nannten Werke und zwar der trefflichsten^ müssen wir aber auf seine „Gedichte"
an vielen Stellen, nur beispielsweise! zurückkommen, deren zweite Auflage in
seien angeführt seine Gedanken über
Menschenwürde, über Deutschlands ge-
schichtliche Entwickelung, dessen Beruf
und eigenthümliches Wesen, ferner seine
Schilderung der vier großen Poeten Ita-
liens: Dante, Petrarca, Tasso,
Ariosto, endlich seine Darstellung der
zweifachen Bestimmung des Menschen.
„Man darf", schreibt er darüber, „nicht
immer sich und Ind iv iduen vor Augen
haben, man muß sich zum Urtheile über
das ganze Geschlecht erheben. Die
Menschheit selbst ist das würdigste Indi.
viduum der Erde. Die Erfahrung, wie
unbedeutend der Einzelne ausgetilgt wird,! ihrer Widmung uns einen tiefen Blick in
des Dichters Herz thun läßt. Diese Auf-
lage ist nämlich seinein einzigen Bruder
Franz, „dem Genossen seiner Bestre»
bungen, seinem besten,treuestenFreunde",
gewidmet. Im Jahre 1840 riß der Tod
den damals Fünfundzwanzigjährigen von
des Bruders Seite. Nie verschmerzte der
Dichter diesen Verlust ganz, denn zwi-
schen dem Ueberlebenden und dem Todten
hatte in der That eine so innige Verbrü-
derung der Gefühle und Gedanken be-
standen, daß selbst ein neuer Freund-
schaftsbund einen Ersatz nie geboten
hätte. Aus Tschabuschnigg's Briefen
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon