Seite - 17 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
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Tschabuschnigg 17 Tschabuschnigg
Stand unserer Staatsschuld verursacht; wir
bezahlen in deren Verzinsung und Amornsi«
rung noch heute die Armeen der Vergangen«
heit Man muß zum richtigen Grundsatze
zurückkehren, daß so rvie das Beamtenthum
auch die Armee nicht Selbstzweck, sondern
nur Mittel zum Zwecke sei So wie der
Einzelne nicht nöthig hat, immer mit ge»
spanntem Nevolver in Vereitschaft zu stehen,
so ist auch die Permanenz der vollen und
Halden Kriegsbereitschaft für die Staaten keine
Nothwendigkeit Die Großmachtstellung
eines Staates beruht nicht allein auf der
Schlagfertigkeit seiner Armee und Flotte. Die
Großmachtstellung eines Staates ist, abgesehen
von dem Fundamente an Land und Leuten,
bedingt durch den Woblstand und die Zu«
friedenheit der Staatsangehörigen, sie ist be<
dingt durch den blühenden Zustand seiner
Landwirtschaft, stiner Industrie und seines
Handels, durch den Grad der Cultur und
durch geregelte Finanzen; sie ist bedingt durch
die Vortrefflichkeit seiner Justiz, seiner Ver«
waltung und seiner übrigen Staatsemrich«
tungen und durch daS gehörige Maß seiner
gesetzlichen Freiheit, welche allen Staats»
angehörigen gewahrleistet ist Endlich muß
das Armcebuogct bedeutend reducirt werden,
damit die Armee schlagfertig sei — zu rechter
Zeit. Der bewaffnete Friede, meine Herren,
ist eine chronische Krankheit, an der die Völker
noch sicherer dahinsiechen, alö an der acuten
des Krieges. Der bewaffnete Friede demora-
lisirt die Armee Beginne mit der Ent<
wassnung der Klügste oder der eL am meisten
bedarf, gleichviel, wer es aber that, der wird
als der größte Sieger des Jahrhunderts ver«
herrlicht werden". In der Sitzung vom
!6. Juni lt><55 sprach er für die freisinnige
Auslegung des §.- i:t des Staatsgrundgesetzes.
— Als Minister hielt er im Herrenhause
am l7. November l87<> eine längere Nede.
in der er die Anschuldigung, daß unter dein
Ministerium P o t o ck i Anarchie einreiße,
energisch zurückwies. „Wo Ausschreitungen
stattfanden, gegen welche der Regierung
Zwangsmittel zu Gebote standen, ist sie auch
eingeschritten. Es wurden Vereine aufgelöst,
Versammlungen untersagt, sie hat Beschlüsse
autonomer Körperschaften fistirt. und überall,
wo ein strafbarer Inhalt zu Tage trat. sind
die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ein«
geschritten.... Anarchie ist ein schr böses
Wort, und ohne bestimmte thatsächliche Be»
weise sollte man cZ nichl in die Welt hinaus-
o. Wurzbach, bio.^r. Lerikon. schleudern.... Im constituiioncllen Staate
muß man auch die (5onscaucnzcn a^eptirrn.
Nir besitzen das V^reint-recht, das Vrr»
sammlungsrccht, die Preßfreihoit; die Par<
teien sind dcrccl»tiat, sich nach ikrem Belieben
zu bilden und Wahlagitationen in Scene «u
setzen. Die Regierung ist jedenfalls nicht in
der Lage. den Zwiespalt der Parteien im
Verordnungswege zu beseitigen. Dieser Zwie-
spalt bestand aber zur Zeit der Auflösung
des Abgeordnetenhauses (unter dem früherm
Ministerium) in weit höherem Grade a!s
gegenwärtig, jetzt sind im Abgeordnetenhause
alle Kronländer vertreten — damals warm
aus demselben die Vertreter von acht Krön«
ländern ausgetreten. — Als Mi tg l ied des
Herrenhauses sprach Tsch ab uschnigg
in der Sitzung vom l4. Jänner l87l gegen
die außerordentliche Berufung und Beschwerdr
wider gerichtliche Entscheidungen in Straf'
fachen; in der Sitzung uom 3. März l872
für die unmittelbaren Wahlen in das Ab-
geordnetenhaus. „Dieses, als ein Theil dcr
Reichsuertreiung. darf in seinem Bestand c
und in seiner Thätigkeit nicht von den Land«
tagen abhängig sein, wenn dic Verfassung
nicht einer fortdauernden Gefahr ausgesetzt
sein soll Die sicherste Abhilfe gegen diese
Uebelstände ist bie Einführung allgemeiner
unmittelbarer Wahlen in das Abgeordneten^
haus, weil dann jedenfalls die Minorität der
einzelnen Wahlkörper in der Lage sein wird,
wenn auch die Majorität nicht in das Ab«
geordnetenhaus wählen will, ihre Äbgeord--
neten dahin zu entsenden Das Ministe
riuin Potocki hat in sein Programm d'.e
allgemeinen unmittelbaren Reichsrathwahlen
aufgenommen.... Vs hat beabsichtigt, die bc»
zügliche Regierungsvorlage allsogleich im
Reichsrathe einzubringen, allein auch hervor»
ragende Mitglieder der linken Seite des Ab-
geordnetenhauses sprachen damals die Ansicht
aus, daß die Abänderung des Wahlgesetzes
für dasselbe in erster Reihe in die l5ompetmi
der Landtage falle. Ich habe diese Anncln
weder damals getheilt, noch cheile ich sie
heute Wäre diese (Kompetenzfrage avrr
auch nur einigermaßen zweifelhaft, so würde
die Staatsnochwendigkeit dafür sprechen, str
zu Gunsten der Reichsgesetzgebung zu ent-
scheiden, die Staatsnolhwmdigkeit nämlich.-
die Verfassung aufrecht zu erhalten...." I n
den Sitzungen vom lt>., l9. und 20. Februar
und 1«. April 1«7i; fungirtr T s ch a-
buschnigq im Hmenhause als Bericht
r. 6. Mai ls8ä.j 2
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon