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Visconti (Familie) Visconti (Familie)
Vicecomes zu suchen find. wie denn auch
dieser Name noch bis beute als eine Adels-
würde, so in Frankreich (Vicomte) und in
England (Viscount), erscheint — sind ein
altes lombardisches Geschlecht, das zwei Jahr«
Hunderte hindurch die Herrschaft über Mai-
land behauptete und dessen Gewaltthätigkeit,
Grausamkeit, Zuchilosigkeit weit die edleren
seelischen Eigenschaften überwogen, welche
dem einen und anderen Sprossen des Stam-
mes zugeschrieben werden. Durch die Kriege,
welche Mailand seit Beginn des dreizehnten
Jahrhunderts mit seinen italienischen Nachbar»
staaten führte, durch die Herrschaft, welche
deutsche Kaiser über die Lombarden aus-
übten, durch die Heiraten, welche Töchter des
Hauses mit Fürsten anderer und auch deutscher
Länder schlössen, gewinnt dieses Geschlecht
weit über die engen Grenzen des Staates,
über den es eigentlich herrschte, Bedeutung.
Die Geschichte eines solchen Geschlechtes läßt
sich nicht in eng bemessenen Spalten eines
lerikalischen Artikels erzählen; Bände des
wichtigsten politischen und culturhistonschen
Inhalts ließen sich mit idr füllen. Nur kurze
Andeutungen, so weit sie mit diesem Werke
vereinbar sind, da die Viscont i auch in
Oesterreich vorkommen, mögen genügen. Die
crftcn historischen Spuren führen in den
Anfang des eilftcn Jahrhunderts zurück, in
welchem 1. Griprand (gest. 1037), erster
Vicecomes zu Mailand, im Jahre 103?
genannt wird, als Kaiser Eonrad I I . der
Salier zum zweiten Male (das erste Mal
1U26) oor Mailand erscheint und Er iprand
in einem merkwürdigen Zweikampfe einen
deutschen Ritter überwand. — 2. Sein Sohn
Dtto soll auf dem ersten Kreuzzuge bei der
Belagerung Jerusalems (10!»9) einen vor»
nehmen Sarazenen niedergestreckt und ihm
den Helm. der mit einer Schlange geschmückt
war, abgenommen haben. Die Gestalt dieser
Schlange nahmen die Mailänder dann in
ihr Stadtwappen auf, in welchem sich die«
selbe noch zur Stunde befindet. Otto aber
ward in Rom 1111 erschlagen, als er Kaiser
Heinrich IV. im Kampfe mit den Römern
in den Sattel half. — 3 Ot tos Enkel,
gleichfalls Qtto mit Vornamen (geb. 1208,
gest. 9. August 1295), gelangte durch Papst
Alexanders I V. Gunst auf den Erz bischof»
sitz von Mailand. Darüber entbrannte der
Kampf mit dem Hause De l l a Torre,
welches diese Kirchenwürde für einen seiner
Sprossen in Anspruch nahm. Otto siegte und l'ielt 1277 seinen Einzug in Mailand.
^Vergleiche (> o n r a d T b u r n - V a l s a s.
sina Band XI.V, Seite 9i», Nr. 7.)
Er blieb nun Herr von Mailand und
hinterließ die oberste Leitung der Sladt
seinem Neffen. — 4. Dieser, Namens Mat -
thäus I. (geb. I23li. gest. 1323). gin^ .uo
dem Bürgerkriege beider Parteien, der Gl'i^l-
linen, deren Oberhaupt er war, und der
Guelfen, wie sich die Gegner nannten, un-
geachtet des päpstlichen Bannfluches I^c,
Sieger hervor. 1322 legte er zu Gunsten
seines Sohnes Galeazzo das Regiment
nieder und zog sich in das bei Mailand
gelegeneKloster Elescenzago zurück, in welchem
er im Alter von 73 Jahren, von der Geschickte
mit dem Beinamen des Großen geehrt, das
Zeitliche segnete. — 3. Galeazzo I. (glb.
1277. gest. zu Peöcia im August l32i>) über»
nahm 1322 die Regierung, wurde aber noch
im nämlichen Jahre durch einen v?n den
Guelfen angezettelten Aufstand aus M.iilanv
verjagt. Er kehrte wodl wieder zurück, ad^-
die im päpstlichen Solde siedenden Guelfen
belagerten ihn, und er dielt sich c>egen sie b^
(132?) zur Ankunft Kaiser Ludwigs d?s
Bayern in Italien. Dieser ernannte it'n zum
kaiserlichen Vicar. AIs siä, aber Galrazzo
heimlich der Partei der Guelfen näherte,
wurde er als Verratder von Ludwig fest«
genommen und in den Kerkern des Schlosses
Monza zugleich mit seinem Erstgeborenen und
seinen zwei Brüdern eingesperrt. Erst durch
Vermittelung des berühmten Castruccio (5a>
stracani erlangte er 1328 die Freiheit, aber
nicht sein Land wieder zurück, welches der
Ka-iser behieli. — 6. Azzo (geb. um 1392.
gest. 14. August 1339), erstgeborener Sokn
des Vorigen aus dessen Ehe mit Beacrir
von Este, wurde zugleich mit seinem Vater
in Monza in Haft gehalten, aber 1323 zum
kaiserlichen Vicar ernannt. In kurzer Zeit trat
er gegen den Kaiser auf und gewann in Papst
Johann XXII . einen Verbündeten, welcher
den seit Matthäus auf dem Hause Vis»
conti lastenden Bannfluch wieder aufdob
und Azzo zum päpstlichen Vicar machie.
Letzterer trat in die Liga, welche sich gegen
Johann von Böhmen, der Italien unter«
werfen wollte, gebildet hatte, und erhielt als
Beutetheil die Städte Bergamo. Piacenza.
Cremona und die Oberherrschaft über Vavia.
Er selbst unterwarf sich noch während der
Jahre 1332—1337 Vigevano, Erema, Lodi.
Brescia. Seinen Verwandten Ludwig Vis-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon