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Visi Visi
dieser Wahl war der Vater, der Rechts-
gelehrte, nichts weniger als einverstanden,
und mit dem Eifer, mit welchem sich der
Sohn dem ärmlichen Studium hingab,
wuchs auch der Widerstand von Seite des
Vaters, welcher endlich siegte, indem
Visi die Medicin aufgab und der Juris-
prudenz sich widmete. Wir können hier
nicht näher auf die Gründe eingehen,
welche den Vater bewogen, so hartnäckig
auf seinem Verlangen zu bestehen, es sei
nur der eine und am meisten ins Gewicht
fallende angeführt. Die Laufbahn des
Rechtsgelehrten j>ergl. die Biographie
Pietro Verr" Bd. 1^, S. 144^ war in
Italien damals eine ebenso ehrenvolle,
als bei den communalen Verhältnissen der
Städte materiell sehr vortheilhafte. Dem
Rechtsgelehrten standen alle Ehren und!
Würden der Magistratur offen, und z
diese wurden, wie die Dinge eben lagen,
viel gesucht und umworben. Visi hatte
das Rechtsstudium beendet und kehrte
nun nach Mantua zurück. Aber da ihm
nur zu bald die Langeweile der mono»
tonen Beschäftigung mit judiciellen An»
gelegenheiten widerstrebte, so suchte er
einigermaßen Ersatz dafür in literarischen
Arbeiten. Kurz, es war wieder die alte
Geschichte mit Pegasus im Joche. Visi
fand zunächst in der Dichtung und in
ästhetischen Studien Ersah für den mit
Widerwillen auf sich genommenen Beruf.
Zu jener Zeit ging man, wie anderwärts
in Italien, so auch in Mantua daran,
das literarische Leben, welches bis dahin
in ästhetischen Tändeleien und eitlem
Versgeklingel verflachte, geistig zu heben
und ihm einen positiven Inhalt zu ver»
leihen. Akademien, wie sie damals be-
standen, die^ooa.6.6ini2 äo^Ii. InvaFditi,
ääi I'imiäi) mochten ihrer Zeit ent-
sprochen haben, den neuen Verhältnissen,
dem neu erwachten geistigen und politi- schen Leben genügten sie nicht mehr. Nnd
so entstand denn die OolOnik Vii-Fi i i ln^
eine Gesellschaft, welche ihre Aufgabe
ernster nahm, indem sie das Ziel sicd
setzte, nicht nur gründliche wissenschaft-
liche, namentlich geschichtliche Studien zu
fördern, sondern auch, das Mtzlichkeits-
princip stets vor Augen, die Landwirth'
schaft, die Industrie zu heben, kurz die
geistigen Zustände in einer den vorgerück-
teren praktischeren Forderungen der Zeit
angemessenen Weise zu gestalten. Mit-
glied dieser Gesellschaft war Vis i vom
Augenblicke ihrer Gründung an, und
jeden freien Moment, welchen er dem
ihm aufgedrungenen Berufe abringen
konnte, widmete er seinen ernsten Stil-
dien. Ganz aber sich ihnen zuwenden,
konnte er erst nach dem Tode seines
Vaters, wo er seine bisherigen richter-
lichen Arbeiten ein für alle Male aufgab
und sich nur noch mit seinem Lieblings-
gegenstande, der Geschichte und Alter-
thumskunde seines engeren Vaterlandes,
beschäftigte. Nun durchwanderte er die
ganze Provinz Mantua, besuchte überall
die Archive, copirte darin die für seine
Zwecke entsprechenden Urkunden und
sonstigen Documente. Anfang 1770 stellte
er das Programm auf für seine „ätorill,
civile Lä oeolosi^tie^ di N^ntov«.^,
welches er dem Fürsten Kaunitz nacb
Wien schickte, und nach welchem er die
Geschichte der Provinz in folgenden acht
Epochen zu schreiben beabsichtigte: 1. von
der Gründung Mantuas bis zum römi-
schen Kaiserreiche; 2. von diesem bis zur
Ankunft der Völker aus dem Norden in
Italien; 3. von Alarich bis auf die
Zeiten Giust inianos; 4. von diesen
bis zur Vernichtung des Longobarden
reiches; 3. von Kar l dem Großen bis
Friedrich I.: 6. von der italischen
Freiheit bis zum Regierungsantritte der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon