Seite - 121 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
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Martinger 12! Wartinger
der Diplomatik, unterwies manchen
in der Kunde, alte Urkunden zu lesen,
und machte manchen mit der Sprache,
den Sitten und Einrichtungen des Mit-
telalters vertraut. Nicht minder groß als
um das Archiv waren auch Wart inge r's
Verdienste um das Münz- und Antiken-
cabinet des Ioanneums, zu deren Ordnung.
Aufstellung und wissenschaftlicher Bear-
beitung er gar nicht verpflichtet war. Das
Fach der Numismatik war ihm bisher
ganz fremd geblieben, abe,r seine Liebe
zu Allem, was mit der Geschichte zu-
sammenhängt, ließ ihn alle Hindernisse
überwinden. Schon in vorgerückten
Lebensjahren, ohne alle literarischen
Hilfsmittel außer Eckhel's Katalog.!
entschloß er sich zum Studium dieses!
schwierigen Wissenszweiges, zu dem er!
allerdings die gründliche Kenntniß der!
altclassischen und die Vertrautheit mit
den wichtigsten neueren Sprachen Europas
mitbrachte. Er schaffte sich sogleich selbst I
die zu seiner fachmännischen Ausbildung!
in diesem Gebiete nöthigen Werke an!
und brachte es in wenigen Jahren dahin, >
daß er, wiewohl er nur einen einzigen!
Aufsatz über Münzkunde veröffentlicht
hatte, vermöge seiner ausgebreitetenMün-
zenkenntniß dock thatsächlich zu den vor-
züglichsten Numismatikern der Monarchie !
gezählt werden durfte. Da die Münzen-
sammlung ursprünglich nur sehr unbe- j
deutend war, so suchte Wart inger um!
so mehr jede günstige Gelegenheit auf, z
um auch diese durch vortheilhaften Tausch !
oder billigen Ankauf aus dem sparsamen »
Cabinetsfonde, ja nicht selten aus seinen
eigenen Mitteln zu vermehren und nickt
nur
steiermärkische
und höchstens gesammt»
österreichische Münzen zu sammeln, son-
dern seinen Sammeleifer auf auswärtige
Münzen auszudehnen. Er eiferte auch
viele Gönner an, das unter seiner Äuf> j sicht stehende Münzcabinet mit vielen,
mitunter sehr kostbaren Spenden zu
bedenken. So stieg denn dessen Münzen-
schatz wahrend Wartinger's Amtsfüh-
rung auf nahezu 20.000 Stück. Um
eine genaue und gleichzeitig belehrende
Ueberfichi über die ganze schöne Samm-
lung zu gewahren, bearbeitete er einen
nach Eckhel's System geordneten
Katalog derselben, fügte diesem eine
Erklärung der auf den Münzen vor-
kommenden Aufschriften und Bilder bei
und begleitete vorzugsweise die Kaiser-
und Familieninünzen mit historischen
und genealogischen Bemerkungen. Zugleich
trug er Sorge, die Sammlung in zweck-
mäßiger Weise aufzustellen und dadurch
dem Publicum deren bequeme Beschauung
zu ermöglichen. Er verwendete hiezu
seit 1826 Kästen seiner eigenen sinn»
reichen Erfindung, deren pultartiger
Deckel, aus einer zwischen zwei umrahm-
ten Glastafeln eingeschobenen Platte von
Pappe bestand, in welche die interessante»
sten Münzen in der Art eingelassen
waren, daß man sie, wenn der drehbare
Deckel gewendet wurde, von beiden Seiten
besichtigen, abec nicht berühren konnte,
während die übrigen innerhalb der
unteren Räume verwahrt waren. Diese
Vorrichtung erfreute sich bald bei allen
Besuchern des Cabinets so großen Bei«
faües, daß sie auch anderwärts, nament-
lich in den Landesmuseen von Linz,
Laibach und Innsbruck, nachgeahmt
wurde. Auch ging er vielen Privatperso-
nen, welche Münzensammlungen schon be-
saßen oder erst anlegen wollten, so unter
Anderen dem Abte Ludwig von Rein
bei der Anlage der Münzensammlung im
dortigen Stifte, eifrig an die Hand. Nun
sei auch noch bemerkt, daß Wart inge r
den historischen Verein für Steiermark,
Kärnten und Krain in das Leben gerufen
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon