Seite - 79 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weil-Weninger, Band 54
Bild der Seite - 79 -
Text der Seite - 79 -
Weis kern 79 Meiskcrn
aegenwärtig Cooperator zu Tt. Oswald bei
Fre^stadt. Außer dogmatischen und theologi»
schen Aufsätzen in kirchlichen Fachblättern
schrieb cr auch hie und da historische Kritiken
im „Iinzer katholischen Volköblatte" und eine
Äbhandlui^^: „Vlifsale mit Miniaturen in
der Bibliothek des Hhorherrenstifles St. Flo-
rian" für den XXXI. Jahresbericht deö Mu-
seums Francisco» Larolinum l8?;j. ^H and'
schri f t l iche Mittheilung des Herrn Linzer
Musealcu/tos Kaiser, dem hiemit mein
Tank dafür ausgesprochen sei.)
Weiskern Friedrich Wilhelm (S ch au»
spiel er. und Topograph, geb. in
Sach sen im Jahre 171(1, gest. zu Wien
29. December 1768). Der Sohn eines
sächsischen Rittmeisters, trat er 1734
zum ersten Male auf dem deutschen
Theater in Wien anfänglich in unter-
geordneten Rollen, auf. Wie und wo er
die ersten 24 Jahre seines Lebens zuge-
bracht, ist nicht bekannt. Von Nalur mit
einem vorzüglichen Darstellungstalente
begabt, verwendete er auf seine künst-
lerische und sonstige Ausbildung eisernen
Fleiß, und schon nach zwei Jahren spielte
er die ersten Liebhaber, obgleich sie nicht
eben sein eigentliches Fach waren, mit
großem Beifall. Im Jahre 1741 wurde
das auf dein Michaelerplatze gelegene
Hofballhaus nach einem Plane Weis-
t'ern's in ein neues Theater umgewan-
delt, worin die deutschen Schauspieler
aus dem Kärntnerthortheater abwechselnd
Vorstellungen gaben. Allmälig erweiterte
sich sein Repertoire und umfaßte die be»
deutendsten Rollen, so daß er bald
als einer der ersten Schauspieler seiner
Zeit galt. Vom ersten Liebhaber ging er
zu den komischen .Väterrollen über, und
als 1743 Huber die jungen Helden
spielte, wirkte Weiskern im älteren
ernsten Fache und schuf sich mit der Rolle
des Odo ard o, den er mit einer Meister»
schaft und Vielseitigkeit ohne Gleichen
spielte, einen eigenen Charakter. So lange die ertemporirten oder sogenannten
Stegreifkomödien an der Tagesordnung
waren, leistete er mit seiner unerschöpf-
lichen Erfindungsgabe die trefflichsten
Dienste, erfand immer neue Stoffe, ent>
wickelte immer originelle Ideen und
ergötzte das Publicum wie den Hof in
der angenehmsten Weift. Sowohl bei der
großen Mar ia Theresia als bei ihrem
Sohne stand er in seltener Gunst, die
Erstere unterließ keine Gelegenheil, welcbe
sich ihr darbot, um ihrem Lieblinge, der
Weiskern ebenso als Schauspieler, wie
als Mensch durch sein musterhaftes
Leben war, ihre Zufriedenheit mit ihm
auszusprechen, und auck Joseph wen-
dete dem Künstler sein ganzes Wohl-
wollen zu, weil derselbe alle seine Rollen
mit höchstem Anstünde gab und in seinen
Extempores ein immer ungemein komisch
wirkendes, aber dabei harmloses und
zotenfreies Element vorwaltete. Als Bei-
spiel seiner naiven, aber immer höchst
wirksamen Extempores möge das fol-
gende gelten. Er spielte in einem Stücke
die Rolle des Herrn und der berühmte
Komiker K urz - Bernard on ^Bd. I,
S. 324 und Bd. XU, S. 423^ dic des
Dieners. I n einer Scene sitzt Weis«
kern, der Herr, am Arbeitstische, schreibt
einen Brief und läutet, nachdem er ihn
beendet und gesiegelt, seinem Bedienten,
welcher denselben aufs schnellste an die
Adresse befördern soll. Bernardon sitzt
in der Coulisse und ruft Weis kern leise
zu: „O läute du nur so fort, hast du
mich das letzte Mal stecken lassen, so
sollst du's jetzt büßen." Weiskern ge-
räth nun in immer größeren Eifer und
extemporirt nothgedrungen in der langen
unfreiwilligen Pause die komischesten Tira-
den und Strafpredigten gegen das
„jetzige Dienstbotengesindel", das seine
Schuldigkeit nie thue und die Herrschaft
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon